Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenvertrag: Haftung des Architekten im Zusammenhang mit dem Wärmeschutz eines mit einer Ganzglasfassade versehenen Bürogebäudes
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen seiner Planung hat der Architekt die Probleme, die sich aus der Bauaufgabe, den Planungsanforderungen und Zielvorstellungen ergeben, zu analysieren und zu klären. Soweit der Architekt nicht über notwendige Spezialkenntnisse verfügt, hat er dies dem Auftraggeber zu offenbaren, damit dieser einen Sonderfachmann einschalten kann, der die fehlenden Fachkenntnisse vermittelt.
2. Die Einschaltung von Sonderfachleuten entbindet den Architekten nicht von seiner eigenen Verantwortlichkeit. Er hat deren Gutachten oder Fachplanung nach dem Maß der von ihm als Architekten zu erwartenden Kenntnisse zu überprüfen. Für ein fehlerhaftes Gutachten des Sonderfachmanns ist er dann nicht (mit-)verantwortlich, wenn der Mangel nicht auf seinen Vorgaben beruht, wenn er einen zuverlässigen Sonderfachmann ausgewählt hat und er nach den von ihm als Architekten zu erwartenden Kenntnissen den Mangel nicht erkennen konnte.
Normenkette
BGB §§ 387, 389, 406, 631 Abs. 1; BGB a.F. § 635
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen 37 O 108/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.4.2011 verkündete Schlussurteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf, Az. 37 O 108/00, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer trägt die Beklagte.
Das erstinstanzliche Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor ihrer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten zu 1. restliches Architektenhonorar geltend. Die Beklagte macht mit der Widerklage Schadensersatzansprüche geltend.
Die Beklagte beauftragte die Drittwiderbeklagte zu 1. mit Architektenleistungen für Gebäude und Freianlagen am Bauvorhaben "Bürohaus R. ". Gegenstand des Architektenvertrages vom 17.7.1996 nebst Nachtrag Nr. 1 vom 12.05./17.7.1997 waren u.a. hinsichtlich des Leistungsbildes Gebäude die Leistungsphasen 1 bis 5 gemäß HOAI vollständig sowie die "künstlerische Oberleitung".
Die Drittwiderbeklagten zu 2. und 3. sind die Gesellschafter der Drittwiderbeklagten zu 1.
Die Klägerin hat von der Beklagten aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten zu 1. restliches Architektenhonorar i.H.v. 250.000 DM (= 127.822,97 EUR) verlangt. Die Beklagte hat ihrerseits die Aufrechnung mit einem Teilbetrag in Höhe der Klageforderung wegen eines Schadenersatzanspruchs gegen die Drittwiderbeklagte zu 1. aufgrund fehlerhafter Beratung und Planung des außen liegenden Sonnenschutzes an dem Gebäude erklärt, da sie den zunächst ausgeführten Sonnenschutz in Form von Stoff-Screens durch Aluminium-Lamellen hat ersetzen lassen.
Das LG hat die Beklagte mit Vorbehaltsurteil vom 23.7.2001 verurteilt, an die Klägerin 250.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.11.2010 zu zahlen unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung mit der Gegenforderung wegen Schlechterfüllung des zwischen der Beklagten und der Drittwiderbeklagten zu 1. am 17.9.1996 abgeschlossenen Architektenvertrages, weil bei Planung und Ausführung des Bauvorhabens Bürohausprojekt "R. " den äußeren Wärmelasten durch Sonneneinstrahlung nicht hinreichend Rechnung getragen worden sein soll.
Im Laufe des weiteren Verfahrens hat die Beklagte ihre Ansprüche gegen die Drittwiderbeklagten wegen Beratungs-, Planungs- und Bauüberwachungsfehlern weiterverfolgt. Sie hat gegenüber der Klageforderung die Aufrechnung erklärt, im Wege der Widerklage Rückzahlung der inzwischen geleisteten 127.822,97 EUR verlangt und mit Schriftsatz vom 29.8.2007 weitere Widerklage gegen die Drittwiderbeklagten auf Schadenersatz i.H.v. 1.663.938,23 EUR erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat mit Schlussurteil und Urteil vom 14.4.2011 das Vorbehaltsurteil vom 23.7.2001 für vorbehaltlos erklärt und Widerklage sowie Drittwiderklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Beklagten gegenüber den Drittwiderbeklagten geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien nicht begründet. Die Beklagte habe gegen die Klägerin/Drittwiderbeklagten keinen Anspruch wegen der Auswahl von Stoff-Screens ("Screens") statt Aluminium-Lamellen ("Alu-Lamellen") zur Herstellung des außen liegenden Sonnenschutzes beim R. Den Drittwiderbeklagten sei in diesem Zusammenhang kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Die Beklagte habe über sämtliche Informationen verfügt, die sie unter Abwägung des Für und Wider zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Entscheidung der Frage befähigt h...