Leitsatz (amtlich)
1. Die Befriedigung eines einzelnen Gläubigers benachteiligt die Gesamtheit der Gläubiger nicht, wenn sie aufgrund eines Pfändungspfandrechts erfolgt, das den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt. Das gilt auch, wenn der Schuldner selbst den in Rede stehenden Betrag von dem gepfändeten Konto überweist.
2. Die Gläubiger werden jedoch benachteiligt, wenn das Pfandrecht seinerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt. Ist das Pfandrecht mehr als drei Monate vor dem Insolvenzantrag entstanden, hängt dessen Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO davon ab, ob der Schuldner zu der ausgebrachten Pfändung aktiv beigetragen hat und dieser Beitrag bei wertender Betrachtung dazu führt, dass die Vollstreckungstätigkeit zumindest auch als eigene, willensgeleitete Entscheidung des Schuldners anzusehen ist. Der Schuldner hat zu der Pfändung in diesem Sinne aktiv durch eine eigene Rechtshandlung beigetragen, wenn er einen Kredit aufgenommen hat und die entsprechenden Geldmittel auf das gepfändete Konto hat überweisen lassen.
3. Der Anfechtungsgegner hat Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er im Wissen um die Willensrichtung des Schuldners auf der Grundlage einer von diesem tatsächlich veranlassten Rechtshandlung befriedigt wird, die unter den äußerlich zutage getretenen Gegebenheiten nach allgemeiner Erfahrung auf den Schuldner zurückgehen kann. Das ist in Bezug auf die Entstehung des Pfandrechts mittels gezielten Auffüllens des Kontos durch den Schuldner nicht der Fall, wenn er nicht weiß, dass die Pfändung in dessen Konto mangels hinreichender Deckung zunächst ins Leere gegangen ist (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 19.09.2013 - IX ZR 4/13, Rn. 25 f.).
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 4 O 51/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.06.2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Duisburg (4 O 51/17) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Verwalterin in dem auf einen eigenen Antrag vom 01.12.2014 hin am 28.04.2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des T. (Schuldner) im Wege der Anfechtung einen Anspruch auf Rückgewähr von zwei Zahlungen des Schuldners vom 02.04.2014 über zusammen 82.000 EUR nebst Zinsen und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend. Vorausgegangen war eine Pfändung des Geschäftskontos des Schuldners bei der Sparkasse D. wegen einer Hauptforderung von 185.258,08 EUR durch Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Beklagten (Bl. 15 ff. GA), die der Drittschuldnerin am 27.03.2014 zugestellt wurde. Auf Veranlassung des Schuldners ging am 01.04.2014 auf dem Konto, das zuvor einen Negativsaldo aufgewiesen hatte, eine Zahlung von einer türkischen Bank i.H.v. 149.740 EUR ein (Anl. K 11, K 12). Am darauffolgenden Tag erfolgten die beiden Zahlungen an die Beklagte, die - wie mittlerweile unstreitig ist - der Schuldner telefonisch bei der Sparkasse D. veranlasst hat. Die Klägerin sieht hierin und in der vorangehenden gezielten Auffüllung des Kontos anfechtbare Rechtshandlungen des Schuldners, durch die die Gläubiger benachteiligt worden seien. Die Pfändung der Beklagten sei wertlos gewesen, weil die Sparkasse aufgrund ihres AGB-Pfandrechts vorrangige Rechte gehabt habe. Der Schuldner sei seinerzeit bereits zahlungsunfähig gewesen, was die Beklagte aufgrund ihrer eigenen rückständigen Forderungen sowie der Kenntnis von Forderungen weiterer Gläubiger gewusst habe. Ihm sei es nur darum gegangen, eventuell noch die Schließung seiner Gewerbebetriebe abzuwenden. Die Beklagte hat geltend gemacht, es fehle an einer Gläubigerbenachteiligung, da sie ein erstrangiges Pfandrecht an dem Guthaben auf dem Geschäftskonto gehabt habe. Darüber hinaus liege keine Rechtshandlung des Schuldners vor, da dieser wegen der Pfändung über das Konto nicht mehr habe verfügen können. Von einer - bestrittenen - Zahlungsunfähigkeit des Schuldners habe sie zudem keine Kenntnis gehabt, da ihr das Wissen ihrer verschiedenen Ämter nicht zuzurechnen sei. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zahlungen seien nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Beklagte habe die Zahlungen durch eine Rechtshandlung des Schuldners erlangt. Aufgrund der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass der Sc...