Leitsatz (amtlich)

Der Mieter kann ein befristetes Mietverhältnis über Gewerberäume nach vorheriger Abmahnung aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen, wenn der Vermieter veranlasst, dass die einzige Zufahrt zum Mietobjekt durch einen Lkw mehrere Wochen lang blockiert wird.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 27.02.2015; Aktenzeichen 3 O 201/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.02.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Kleve wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem bis zum 31.12.2020 befristeten Mietvertrag vom 27.10.2009 über 1000 qm Hallenfläche in M. (Anl. K1 = GA 11ff). Die monatliche Miete war mit EUR 3.927,-- zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung iHv EUR 357,-- vereinbart. Der Beklagte hatte im März 2012 nur EUR 1.198,47 gezahlt, ab April 2012 hatte er die Mietzahlungen eingestellt und zur Begründung darauf verwiesen, die Klägerin habe die Mieträume nicht - wie bei Vertragsschluss mündlich vereinbart - zur Nutzung in eine Autolackiererei umgebaut und auch das dafür erforderliche Brandschutzkonzept nicht umgesetzt.

Mit Schreiben vom 12.07.2012 rügte der Beklagte unter anderem, die Klägerin habe ihm den Zugang zur Halle durch Zuparken mit einem Lkw versperrt. Er setzte eine Abhilfefrist bis zum 30.07.2012 (Anl. B5 = GA 87). Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.08.2012 (Anl. B6 = GA 88ff) kündigte der Beklagte das Mietverhältnis außerordentlich und führte als Begründung u.a. an, dass seit mehreren Wochen auf Veranlassung der Klägerin der Hallenzugang versperrt sei. Die Klägerin trat der außerordentlichen Kündigung im Schreiben vom 29.08 2012 (Anl. B7 = GA 93f) entgegen, äußerte sich aber nicht zu dem Versperren des Zugangs zur Halle.

Im Oktober 2012 wurde das Hallentor zugeschweißt. Dies war Gegenstand eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem LG Kleve (3 O 332/12). Dort wurde festgestellt, dass die Klägerin dies - in Ausübung verbotener Eigenmacht gemäß § 858 BGB - veranlasst habe. Nachdem der Zugang wieder frei war, erklärte der Beklagte (dortige Kläger) die Erledigung der Hauptsache, die sodann im Urteil des LG - Einzelrichter - vom 19.02.2013 festgestellt worden ist. Die Berufung gegen dieses Urteil nahm die Klägerin (dortige Beklagte) nach entsprechendem Hinweis des Oberlandesgerichts Düsseldorf (9. Zivilsenat) in der mündlichen Verhandlung zurück.

Der Kläger hat in erster Instanz Ansprüche auf Mietzahlungen incl. Nebenkostenvorauszahlungen für den Zeitraum März bis Dezember 2012 iHvon EUR 41.641,53 sowie Erstattung von Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Der Beklagte hat widerklagend die Feststellung beantragt, dass das Mietverhältnis durch die außergerichtliche Kündigung vom 06.08.2012, bzw. hilfsweise die außerordentlichen Kündigungen vom 04.09., 27.10., 02.11.2012 beendet wurde, bzw. hilfsweise ordentlich zum 31.12.2012.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils GA 170R bis 171R Bezug genommen.

Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen mit Urteil vom 27.02.2015 der Klage in Bezug auf die Kaltmieten für die Monate März bis 06.08.2012 iHvon EUR 19.196,59 stattgegeben. Aufrechnungsansprüche des Beklagten mit Schadensersatzansprüchen und einem Mietkautionsrückzahlungsanspruch bestünden nicht. Für die Zeit ab dem 07.08.2012 bestünden hingegen keine Zahlungsansprüche der Klägerin, da das Mietverhältnis nach erfolgter Abmahnung vom 12.07.2012 durch die außerordentliche Kündigung vom 06.08.2012 beendet worden sei. Diese sei wegen verbotener Eigenmacht - wie durch Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren LG Kleve 3 O 332/12 festgestellt - gerechtfertigt gewesen. Ein Anspruch auf Zahlung von Nebenkostenvorauszahlungen sei nicht begründet, weil insoweit wegen noch ausstehender Nebenkostenabrechnungen ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestehe.

Auf die Widerklage hat das LG festgestellt, dass das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 06.08.2012 beendet worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils GA 171R bis 175 Bezug genommen.

Gegen das am 27.02.2015 verkündete und der Klägerin am selben Tage zugestellte Urteil hat diese mit am 27.03.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 27.04.2015 eingegangenem Schriftsatz wie folgt begründet:

Das LG habe den Sachverhalt nicht hinreichend erfasst. Es habe nicht berücksichtigt, dass das Hallentor erst in der Nacht vom 17. auf den 18.10.2012 verschweißt worden sei und damit die außerordentliche Kündigung vom 06.08.2012 nicht habe rechtfertigen können. Auf ein längeres Versperren ...

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