Leitsatz (amtlich)
1. Beruft sich der gem. Art. 15 DS-GVO zur Datenauskunft Verpflichtete i.S.v. § 362 Abs. 1 BGB auf Erfüllung des Auskunftsanspruchs, kann selbst durch den Umstand, dass weitere noch nicht beauskunftete Geschäftsdaten gem. § 147 Abs. 1 AO bei ihm aufzubewahren sind, die Wirksamkeit des Erfüllungseinwandes nicht entfallen. Dass ein Datenverantwortlicher einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht unterliegt, besagt nämlich noch nicht, dass er dieser auch genügt hat.
2. Der Übergang von einer Datenauskunftsklage gem. Art. 15 DS-GVO zu einem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB in der Berufung stellt eine Klageänderung dar, die unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig ist. Hiernach hat der Verpflichtete die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben auf Verlangen an Eides statt zu versichern, wenn die Auskunft unvollständig ist und die Besorgnis besteht, dass diese nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist. Beide Punkte müssen nicht bereits feststehen; es reicht ein auf Tatsachen gegründeter Verdacht.
3. Es ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob § 260 Abs. 2 BGB auf den Anspruch aus Art. 15 DS-GVO anwendbar ist.
4. Der Streitwert von wirtschaftlich nicht identischen Streitgegenständen, die nacheinander in ein Verfahren eingeführt werden, ist gem. §§ 39, 40, 43, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts zusammen zu rechnen und einheitlich festzusetzen.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 16 O 128/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.10.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird hinsichtlich der bislang höchstrichterlich nicht geklärten Voraussetzungen des Geldentschädigungsanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, konkret ob insoweit Darlegung und ggf. Beweis eines von der Verletzungshandlung zu trennenden (materiellen oder immateriellen) Schadens erforderlich sind, zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind und waren durch eine Mehrzahl an Verträgen über die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen verbunden.
Die Beklagte buchte von dem Konto des Klägers unter anderem Beträge zu einer Kundennummer 1 ... ab. In der Zeit vom 11.04.2018 bis zum 21.08.2018 buchte die Beklagte von dem Konto des Klägers insgesamt einen Betrag in Höhe von 174,93 EUR (7 × 24,99 EUR) unter Angabe einer Kundennummer 0 ... ab.
Mit Schreiben vom 29.10.2019 bat der Kläger die Beklagte um Datenauskunft gemäß Art. 15 DS-GVO. Mit Schreiben vom 27.11.2019 erteilte die Beklagte eine Auskunft, wegen deren Inhalts auf die Anlage 6 zur Klageschrift Bezug genommen wird. Kopien der Dokumente, die den in der Auskunft aufgeführten Daten zu Grunde liegen, enthielt die Auskunft nicht.
Auf einen Anruf bei der Hotline der Beklagten und Nachfrage zu einer Abbuchung betreffend die Kundennummer 1 ... erhielt der Kläger die Auskunft, dass am 22.02.2019 ein Datenvertrag über einen Vodafone-Shop auf seinen Namen angelegt worden sein soll.
Am 21.04.2020 übersandte die Beklagte dem Kläger eine E-Mail, mit welcher sie mitteilte, dass sie keine Unterlagen zu zwei am 22.02.2019 auf den Namen des Klägers angelegten Mobilfunkverträgen mit den Rufnummern 0173-5 ... und 0173-5... besitze.
Am 18.12.2020 übersandte die Beklagte dem Kläger bei ihr gespeicherte Einzelverbindungsnachweise über die ausgehenden Anrufe des Klägers für den Zeitraum zurück bis zum 08.06.2020.
Mit Schriftsatz vom 16.02.2021 übersandte die Beklagte als Anlage B11 eine umfangreiche Auskunft, die auch Kopien der bei ihr gespeicherten Dokumente/Unterlagen/Dateien enthielt. Ob diese Auskunft vollständig ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte erklärte in dem genannten Schriftsatz, nicht über weitere personenbezogene Daten und/oder Dokumente/Unterlagen/Dateien zu verfügen. Insbesondere zu dem Kundenkonto 1 ... mit den beiden Rufnummern 0173-5... und 0173-5... erklärte sie, dass der Vertragsabschluss am 22.02.2019 über die Filiale in Köln, Schildergasse 69-73, erfolgt sei und zu den beiden Verträgen keine Vertragsunterlagen vorlägen. Auskünfte zu einer Kundennummer 001...4 enthielt die Anlage B11 nicht. Die Beklagte erklärte hierzu im Schriftsatz vom 16.02.2021, sie könne zu den Kundennummern 001...4 und 001...9 nur noch nachvollziehen, dass der Kläger insoweit Festnetzkunde gewesen sei; zur Kundennummer 001...4 seien jedoch keine Daten mehr gespeichert, zur Kundennummer 001...9 sei lediglich noch die Information gespeichert, dass der Vertra...