Leitsatz (amtlich)
1. "Verspäteter" Vortrag liegt nicht vor, wenn er nach einem erforderlichen Hinweis schon vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug gebracht worden wäre oder die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten war.
2. Die Kündigung des Leasingvertrages durch den Leasinggeber ist nach Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Leasingnehmers unwirksam, auch wenn es nicht zur Eröffnung kommt.
3. Gibt der Leasingnehmer auf eine fristlose Kündigung des Leasinggebers freiwillig den Leasinggegenstand heraus, so liegt keine einvernehmliche Aufhebung des Leasingvertrages vor.
Normenkette
ZPO §§ 139, 156, 529; InsO § 112; BGB §§ 280, 535, 543
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen 11 O 26/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 18.4.2007 verkündete Schlussurteil der 11. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklage zu 2) wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin als Bürge neben dem bürgenden Beklagten zu 1) 6.151,71 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.098,52 EUR seit dem 3.1., 3.2., 3.3., 4.4., 3.5. und aus 659,11 EUR seit dem 3.6.2005 zu zahlen.
Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen, die Anschlussberufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 35 %, der Beklagte zu 1) 50 % und der Beklagte zu 2) 15 %; davon ausgenommen sind die Säumniskosten, die allein dem Beklagten zu 1), und die Kosten der Beweisaufnahme, die allein der Klägerin zur Last fallen. Von den außergerichtlichen Auslagen der Klägerin tragen der Beklagte zu 1) 50 % und der Beklagte zu 2) 15 %. Von den außergerichtlichen Auslagen des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin 80 %. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden der Klägerin zu 80 %, dem Beklagten zu 2) zu 20 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, der Beklagte zu 2) leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
A. Der Beklagte zu 2 (künftig: Beklagter) und der frühere Erstbeklagte (künftig: Erstbeklagter) waren geschäftsführende, jeweils allein vertretungsberechtigte Gesellschafter der inzwischen im Handelsregister mangels Masse und deshalb im Verfahren 73 IN 301/05 AG Köln abgelehnter Insolvenzeröffnung gelöschten P.-GmbH (künftig: Schuldnerin). Sie haben sich beide für deren Verbindlichkeiten aus zwei Teilamortisations-Leasingverträgen für zwei gebrauchte Kraftfahrzeuge ("sale-and-lease-back") ggü. der Rechtsvorgängerin der Klägerin (künftig nur: Klägerin) selbstschuldnerisch und höchstbetraglich verbürgt, wobei die hier umstrittenen Inanspruchnahmen hinter den Höchstbeträgen zurückbleiben. Die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Schuldnerin zahlte ab Januar 2005 die Leasingraten i.H.v. 440 EUR/Mon (zzgl. 16 % MWSt) für das Kraftfahrzeug BMW 523i Touring, amtliches Kennzeichen ...(künftig: Kfz/Lim) und 507 EUR/Mon (zzgl. 16 % MWSt) für das Kraftfahrzeug BMW 530d Kombi, amtliches Kennzeichen ...(künftig: Kfz/Kombi) nicht mehr. Mit der an das zuständige Insolvenzgericht gerichteten Schrift vom 31.5.2005 beantragte der Erstbeklagte namens der Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen sie. Ihr ggü. kündigte die Klägerin beide Leasingverträge fristlos wegen Zahlungsverzugs durch Erklärung vom 17.6.2005. Die Klägerin verwertete die ihr daraufhin am 19.6.2005 zurückgegebenen Kraftfahrzeuge.
Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil vom 18.6.2006 ist der Erstbeklagte aus von ihm ferner verbürgten Kreditverbindlichkeiten der Schuldnerin zur Zahlung von 74.831,51 EUR (nebst Zinsen) sowie aus den hier umstrittenen Verträgen wegen rückständiger Leasingraten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zur Zahlung weiterer (13.116,12 EUR+14.262,51 EUR) 27.378,63 EUR (nebst Zinsen) verurteilt worden.
Durch das angefochtene Urteil hat das LG, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, auch den Beklagten wegen der Ansprüche aus den verbürgten Leasingverträgen antragsgemäß zur Zahlung von 27.378,63 EUR (nebst Zinsen) verurteilt.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er macht geltend, die Kündigungen ggü. der Schuldnerin seien mit Blick auf den zuvor beim Insolvenzgericht eingegangenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam gewesen, so dass die Klägerin die Kraftfahrzeuge zu Unrecht und darüber hinaus zu einem viel zu geringen Erlös verwertet habe.
Er beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zu 2) als Bürge für Verbindlichkeiten der P.-GmbH mit Sitz...