Leitsatz (amtlich)
Hängt die Entscheidung über eine Räumungs- und Zahlungsklage und eine Hilfswiderklage auf Rückzahlung der wegen vorhandener Mängel zuviel gezahlten Miete von der Vorfrage ab, ob die Minderung bzw. die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) durch eine formularvertragliche Aufrechnungs- Minderungs- und Zurückbehaltungsrechtausschlussklausel ausgeschlossen sind bzw. ob es der Vermieterin gem. § 242 BGB verwehrt ist, sich dem Mieter gegenüber hierauf zu berufen, besteht i.S.d. § 301 ZPO die Gefahr widersprechender Entscheidungen, wenn das Erstgericht über die Räumungs- und Zahlungsklage durch Teilurteil entscheidet und zur Widerklage wegen der behaupteten Mängel Beweis erhebt.
Normenkette
ZPO § 301
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.07.2008; Aktenzeichen 6 O 207/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18.7.2008 verkündete Teilurteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf mit dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, soweit der Senat nicht unter II. eine abweichende Feststellung zur Widerklage zugrunde legt. Das LG hat den Beklagten mit Teilurteil vom 18.7.2008 verurteilt, an die Klägerin 61.529,68 EUR zu zahlen und die von ihm genutzten Gewerbeflächen in der Liegenschaft K.,... D., zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Hinsichtlich der Widerklage des Beklagten hat es die Entscheidungsreife verneint und die Durchführung einer Beweisaufnahme für erforderlich gehalten, die es mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 1.8.2008 (GA 309) angeordnet hat. Zur Begründung hat das LG u.a. ausgeführt, dass der in § 6 Ziff. 3 des Mietvertrags vereinbarte Aufrechnungs-, Minderungs- und Zurückbehaltungsausschluss wirksam sei mit der Folge, dass es für die Klage auf die von dem Beklagten behaupteten Mängel nicht ankomme, dieser nicht zur Zurückhaltung der Miete berechtigt gewesen und die fristlose Kündigung der Klägerin wegen Zahlungsverzugs daher das Mietverhältnis der Parteien beendet habe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen (GA 268 ff.). Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der die Aufhebung des Teilurteils und die Abweisung der Klage erstrebt. Er macht u.a. geltend, dass der Erlass eines Teilurteils nicht habe erfolgen dürfen, da die Klage wie auch die Widerklage nicht entscheidungsreif (gewesen) seien. Richtigerweise habe auch im Hinblick auf die Klage die Beweisaufnahme über die in Rede stehenden Mängel erfolgen müssen, da der Beklagte ein Recht zur Minderung und Zurückbehaltung gehabt habe und die Kündigung des Mietvertrages unwirksam gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 20.10.2008 (GA 351 ff.) verwiesen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Teilurteil und bittet nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 8.12.2008 (GA 519 ff.) um Zurückweisung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache vorläufigen Erfolg. Das angefochtene Teilurteil ist gem. § 301 ZPO unzulässig. Es ist gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 Satz 3 ZPO aufzuheben und das zugrunde liegende Verfahren an das LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Nach § 301 ZPO hat das Gericht durch Teilurteil zu entscheiden, wenn bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif ist. Ein Teilurteil darf insoweit nur erlassen werden, wenn die Entscheidung unabhängig davon ist, wie das Schlussurteil über den noch anhängigen Teil des Rechtsstreits entscheidet, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Teilurteil und im Schlussurteil also ausgeschlossen ist (BGH, NJW 1990, 2669 [2700]). Für die Annahme einer Divergenzgefahr genügt die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug (BGH, a.a.O.; NJW 1989, 2821). Ein Teilurteil darf daher nur erlassen werden, wenn die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht ausgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 12.12.2007, DWW 2007, 66 = GE 2008, 261 = NZM 2008, 280). Hieran gemessen wird ein unzulässiges Teilurteil in Rechtsprechung und Schrifttum insbesondere dann angenommen, wenn Klage und Widerklage von derselben Vorfrage abhängen (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 25; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 301 Rz. 9a). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das mit einem Zahlungsverzug des Beklagten begründete Teilurteil über die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung und zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts ist unzulässig....