Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 5 O 331/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.11.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin je 170.000,00 EUR (zusammen 340.000,00 EUR) als Vorschuss zur Beseitigung der vom Sachverständigen A. im selbständigen Beweisverfahren LG Krefeld -11 OH 1/16 - festgestellten Mängel an der Beschichtung der Höchstlastbelebungsbecken 1 und 3 in der Kläranlage der Klägerin in X.-Stadt nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25.10.2016, sowie weitere EUR 3.416,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2019 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 25/30 der Beträge zu erstatten, um den die Kosten der Mängelbeseitigungsarbeiten den Betrag von 204.000,00 EUR je Becken übersteigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin betreibt eine Kläranlage. Gegenstand des Streits sind zwei Höchstlastbelebungsbecken (Becken 1 und Becken 3), die Teil der Kläranlage sind. In einem Belebungsbecken werden Abwässer biologisch durch Bakterien und Kleinstlebewesen gereinigt. Dabei entsteht biogene Schwefelsäure (BSK). Das Belebungsbecken ist eine (hier: geschlossene) Betonkonstruktion, in der die biogene Schwefelsäure den Beton angreift.

Die Beklagte wurde durch zwei getrennte Verträge mit der Betonsanierung von Becken 1 und Becken 3 beauftragt. Die den Verträgen zugrunde gelegten Ausschreibungen vom 22.12.2010 für Becken 1 (K1, GA12) und 06.01.2011 für Becken 3 (K2, GA27) beschreiben die zu erbringende Leistung in Teilen identisch. Unter Ziffer 2.1 werden die durch die biogene Schwefelsäure entstandenen Schäden beschrieben. Als Ziel der Beauftragung wird die Sanierung der schadhaften Wand- und Deckenareale, die Erneuerung der Dehnfugen und die Abdichtung der Stützen und Tragwerkssockel vorgegeben. Aus Ziffer 2.2 ergibt sich, dass ein Oberflächenschutzsystem aufgebracht werden soll, das beständig gegen die im Abwasser befindlichen Inhaltsstoffe ist, das eine hohe Resistenz gegen biogene Schwefelsäure aufweist, bei dem Scherkräfte nicht zu Ablösungen führen und das zudem reparaturfähig ist. Als "Mindestleistungsumfang" wurden folgende Leistungen vorgesehen: (1) Die Untergrundvorbereitung (Entfernung der alten Beschichtung und des korrodierten Betons). (2) Die Reprofilierung der abgestrahlten Flächen mit dem Mörtel G.-Trockenmörtel Kombina KS2 oder höherwertig; dieser

Arbeitsschritt sollte durch eine SIVV-Fachkraft begleitet werden (SIVV = Handbuch Schützen, Instandsetzen, Verbinden und Verstärken von Betonbauteilen, vgl. BA39R). (3) Das Grundieren mit einem "lösungsmittelfreien, 2-komponentigen polymer/silikatgebundenem niedrig viskosen Schutzanstrich auf 3P-Harzbasis mit Härter Natriumsilicat Natrium in Wasser gelöst." Die Ausschreibung für Becken 3 enthält zusätzlich eine Vorgabe zur Schichtstärke der Grundierung (BA19, vgl. hierzu BA9R). Das "Grundieren" beinhaltet zwei Schichten, nämlich die Grundierung und die Versiegelung (vgl. Pos 1.14 und 1.15 des LV). Ein konkretes Fabrikat ist nicht vorgegeben worden.

Den Ausschreibungen wurden zudem Einheitspreis-Leistungsverzeichnisse beigefügt, in denen die zu erbringenden Leistungen für die Betonsanierung detailliert beschrieben sind. Zudem finden sich dort die in Bezug auf die Dehnungsfugen und die Stützen- und Tragwerkskonsolen zu erbringenden Arbeiten.

Die von der Beklagten durchgeführten Arbeiten ergeben sich aus einer dem Sachverständigen A. im selbständigen Beweisverfahren 11 OH 1/16, Landgericht Krefeld zur Verfügung gestellten Dokumentation (Gutachten vom 08.08.2008, Seite 23). Danach ist als Beschichtung das Produkt "E. Polycoat" und als Fugendichtstoff das Produkt "F. Ecoseal Bio HM" verwendet worden. Für die Reprofilierung wurde der Mörtel G. Kombina KS2 verwendet.

Die von der Beklagten für das Becken 3 erbrachten Leistungen wurden am 31.03.2011 abgenommen, die Leistungen für Becken 1 am 30.06.2011.

Auf Antrag der Klägerin vom 01.12.2016 sind die Sanierungsleistungen der Beklagten im selbständigen Beweisverfahren 11 OH 1/16, Landgericht Krefeld durch den Sachverständigen A. begutachtet worden. In seinem Gutachten vom 08.08.2018 (nachfolgend: Erstgutachten) hat der Sachverständige festgestellt, dass die von der Beklagten ausgeführten Leistungen wegen Ausführungsfehlern und wegen der verwendeten Sanierungsprodukte mangelhaft seien. Der Sachverständige hat im selbständigen Beweisverfahren weitere Guta...

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