Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Dringlichkeitsvermutung für Unterlassungsansprüche nach dem Markengesetz gemäß § 25 UWG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG gilt nicht für Unterlassungsansprüche nach dem Markengesetz. Über den Verfügungsgrund hinsichtlich derartiger Ansprüche ist aufgrund einer Abwägung des Interesses des Antragstellers an der begehrten Eilmaßnahme und des Interesses des Antragsgegners zu entscheiden, nicht aufgrund eines bloß summarischen Verfahrens mit dem beantragten Verbot belegt zu werden.
2. Der Gesichtspunkt, dass ein Hauptsacheverfahren auf Untersagung einer Zeichenbenutzung wegen eines anhängigen Verfahrens auf Löschung der Klagemarke ausgesetzt würde, spricht gegen den Erlass einer entsprechenden Verbotsverfügung.
3. Das Verfahren auf Löschung der Marke „Top Ticket” für die Vermittlung von Eintrittskarten zu Veranstaltungen hat hinreichende Erfolgsaussicht, um die Aussetzung eines auf sie gestützten Verletzungsprozesses zu rechtfertigen.
Normenkette
UWG § 25; MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 29.06.2001; Aktenzeichen 38 O 50/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 29.6.2001 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf abgeändert.
Die Beschlussverfügung vom 4.4.2001 wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet.
Nicht zu Recht hat das LG seine Beschlussverfügung vom 4.4.2001 bestätigt, mit der es der Antragsgegnerin unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel untersagt hatte,
im Bereich der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsverkehr ohne Zustimmung der Antragstellerin unter Verletzung des zugunsten der Antragstellerin beim Deutschen Patentamt unter Nr. 3966684 eingetragenen Zeichens „Top Ticket” im Zusammenhang mit der Reservierung und Vermittlung von Eintrittskarten für Kultur, Sport und sonstige Veranstaltungen die Zeichen „TopTicketLine” oder „TopTicketline” zu benutzen, insbesondere diese Zeichen auf Waren anzubringen, unter den Zeichen ihre Dienstleistungen anzubieten und die Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.
Im Berufungsrechtszug hat die Antragstellerin hilfsweise beantragt, die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen mit der Maßgabe, ihr zu untersagen,
im Bereich der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsverkehr ohne ihre Zustimmung die Zeichen „TopTicketLine” und/oder „Topticketline” und/oder „Top Ticket Line” zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Reservierung und der Vermittlung von Eintrittskarten für Kultur- und sonstige Veranstaltungen zu benutzen und/oder durch Dritte benutzen zu lassen.
Auch dieses Verfügungsbegehren bleibt jedoch ohne Erfolg. Hinsichtlich beidem fehlt es am Verfügungsgrund.
Die Antragstellerin geht allein aus ihrer Marke „TopTicket” vor. Ob für Ansprüche aus dem Markenrecht die Bestimmung des § 25 UWG analog gilt, die nach allgemeiner Ansicht eine Vermutung der Eilbedürftigkeit enthält, ist umstritten. Überwiegend wird die Anwendbarkeit bejaht (vgl. OLG Hamburg v. 26.9.1996 – 3 H 83/96, WRP 1997, 106 [112] – Gucci; GRUR 1999, 739 – Eastpak; OLG Stuttgart v. 27.9.1996 – 2 U 134/96, WRP 1997, 118 [121]; OLG Frankfurt v. 16.12.1999 -- 6 U 144/99, OLGReport Frankfurt 2000, 82; OLG Köln v. 23.12.1999 -- 6 U 102/99, GRUR 2000, 1073 [1074]- Blitzgerichte; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rz. 550; Jestaedt in Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 47 Rz. 4; Spätgens in Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 81 Rz. 31; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 14 Rz. 140; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, vor §§ 14–19 MarkenG, Rz. 49; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 25 Rz. 14; mit Bedenken: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 54 Rz. 20b; einschränkend: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 25 UWG Rz. 5; offen gelassen von KG v. 4.5.1999 -- 5 W 3450/99, KGReport Berlin 1999, 308; OLG Braunschweig v. 19.10.2000 -- 2 W 238/00, OLGReport Braunschweig 2000, 330; OLG Dresden v. 29.9.1998 -- 14 U 433/98, OLGReport Dresden 1999, 35 = CR 1999, 102; a.A. Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rz. 158; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rz. 62 m.w.N.; vgl. auch Traub, WRP 2000, 1046 [1048]]. Für die Analogie wird vorgebracht, dass bei einem markenrechtlichen Unterlassungsanspruch eine vergleichbare Dringlichkeit wie bei einem wettbewerblichen Unterlassungsanspruch bestehe und letztlich keine sachlichen Gründe gegen eine Übertragbarkeit sprächen (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rz. 550 m.w.N. zum Streitstand). Demgegenüber bleibt jedoch festzuhalten, dass der Gesetzgeber die Dringlichkeitsvermutung anlässlich der Übernahme des § 16 UWG a.F. in das Markengesetz nicht auf das Markenrecht ausgedehnt hat, obw...