Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 12.06.2001; Aktenzeichen 7 O 142/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 12. Juni 2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller den Besitz an dem in D.-H. gelegenen „Jägerhaus”, E. L. 60 nebst zugehörigem Weideland von 2,6 ha wieder einzuräumen.
Es wird angeordnet, daß die Antragsgegnerin zur Vornahme der vorstehend beschriebenen Handlung durch Zwangsgeld in Höhe von 5.000 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft von einem Tag für jeweils 1.000 DM anzuhalten ist.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Tatbestand
Die zulässige Berufung des Antragstellers ist auch sachlich gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils sind die Voraussetzungen für den Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung gegeben.
I.
Der auf Wiedereinräumung des Besitzes gerichtete Verfügungsanspruch des Antragstellers ergibt sich aus § 861 Abs. 1 BGB. Die Antragsgegnerin besitzt ihm gegenüber fehlerhaft, weil ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB entzogen worden ist. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
1.
Der Antragsteller hatte, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, infolge der Übernahme des streitgegenständlichen Objekts aufgrund des Pachtvertrages vom 23. April 1991 (Bl. 25 ff. GA) unmittelbaren Mitbesitz neben seiner zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau, der Zeugin H., erlangt. Dies zieht auch die Antragsgegnerin nicht in Zweifel.
2.
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegnerin (vgl. dazu z. B. Palandt/Bassenge, 60. Aufl., § 858 BGB Rdn. 9) hat die Aufgabe seines Mitbesitzes durch den Antragsteller, die seine Entziehung durch verbotene Eigenmacht ausschlösse (vgl. dazu OLG Köln ZMR 1997, 463), nicht glaubhaft gemacht. Daher ist davon auszugehen, daß er sein Besitzrecht bis zum Austausch der Schlösser, das – wie noch auszuführen sein wird – unter den gegebenen Umständen als verbotene Eigenmacht zu werten ist (vgl. z. B. OLG Koblenz ZMR 1999, 251), ausgeübt hat.
Unmittelbarer Besitz ist als Innehabung der tatsächlichen Gewalt, also als tatsächliche Machtbeziehung zu verstehen, die von einem Besitzwillen getragen ist. Ist der unmittelbare Besitz wie vorliegend einmal erlangt, sind an die Annahme seiner Aufgabe strenge Anforderungen zu stellen (so z. B. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 854 BGB Rdn. 3 und § 856 BGB Rdn. 4). Das Landgericht hat fälschlich angenommen, diesen Anforderungen sei Genüge getan, wobei es ersichtlich die Frage der Beweislastverteilung unzutreffend beurteilt hat.
Der Scheidungsfolgevertrag, den der Antragsteller unter dem 16. Juni 1999 mit seiner damaligen Ehefrau, mit der er gemeinsam den unmittelbaren Besitz ausübte, geschlossen hat (UR-Nr. 831/1999 des Notars B. in D. – Bl. 22 ff. BA 20 C 50159/01 AG Düsseldorf –) rechtfertigt nicht die Annahme, er habe dessen Vollzug seinen unmittelbaren Mitbesitz aufgegeben. Besitzfragen sind in diesem Vertrag nicht geregelt. Die Tatsache, daß die Zeugin H. den Gewerbebetrieb allein führen sollte, läßt für sich allein keine Rückschlüsse hinsichtlich der Verteilung der Sachherrschaft an dem Gesamtobjekt zu, zumal der Antragsteller im Verhältnis zur Antragsgegnerin aus dem Pachtvertrag vom 23. April 1991 verpflichtet blieb.
Daß der Antragsteller seit dem 24. Dezember 1999 nicht mehr in der zum Pachtobjekt gehörenden Wohnung übernachtet hat, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls kein Umstand, der eine Besitzaufgabe belegen könnte. Vielmehr lassen die auf den Erlaßeinstweiliger Verfügungen gegen die Zeugin H. gerichteten Anträge vom 1. August und 1. September 2000 erkennen, daß der Antragsteller auch weiterhin die tatsächliche Gewalt über das gesamte Anwesen für sich in Anspruch nahm, zu dem er aufgrund des Besitzes der Schlüssel nach wie vor ungehinderten Zugang hatte. Als ihm dieser Zugang dadurch unmöglich gemacht wurde, daß die Zeugin H. im Juli 2000 das Schloß auswechselte, erwirkte er durch die mit Urteil vom 6. September 2000 bestätigte einstweilige Verfügung vom 1. August 2000 die Wiederherstellung des früheren Zustands, wie sich dies aus dem Vorbringen der dortigen Parteien in dem Verfahren über die Festsetzung eines Zwangsgeldes aufgrund des vorgenannten Titels (Bl. 99 ff. BA 56 C 50478/00 AG Düsseldorf) ergibt.
Bis zum Austausch der Schlösser durch die Antragsgegnerin ist es zu einer wesentlichen Veränderung der Besitzverhältnisse in der Folgezeit nicht gekommen. Zwar hat der Antragsteller im März 2001 noch die im Scheidungsfolgenvertrag vom 16. Juni 1999 aufgeführten Gegenstände abgeholt. Als er dann am 16. März 2001 feststellte, daß die Zeugin H. damit begonnen hatte, u. a. Badezimmereinrichtungen auszubauen, hat er am 17. März 2001 sogleich eine weitere einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt, durch die ihr ein derartiges Vorgehen untersagt wurde ...