Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltregelung bei Telekommunikationsdienstleistungen. zum Verstoß gegen § 47 TKG
Leitsatz (redaktionell)
1. Steht eine Entgeltbestimmung lediglich unter einem behördlichen Genehmigungsvorbehalt, sind die ordentlichen Gerichte grundsätzlich an einer Überprüfung der Entgelthöhe nicht gehindert, weil sich die öffentlich rechtliche Wirkung der Genehmigung auf das Verhältnis zwischen Behörde und Genehmigungsempfänger beschränkt und im übrigen der privatautonomen erwerbswirtschaftlichen Entscheidungsbefugnis der Vertragspartner freien Raum lässt.
2. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie ONP II 98/10/EG ist der Entgeltmaßstab für § 47 TKG insoweit vorgegeben, als gegenüber sämtlichen Telefonauskunftsbetreibern nur die Kosten der effizienten Bereitstellung berechnet werden dürfen.
3. Der nach § 47 TKG Verpflichtete kann sich nicht einer Preisbegrenzung dadurch entziehen, dass er die Teilnehmerdaten nur im Zusammenhang mit weiteren, der Preisregulierung nicht unterfallenden Leistungen anbietet.
4. § 47 TKG stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Soweit die gesetzliche Verpflichtung zur Bereitstellung der Teilnehmerdaten an Dritte die Nutzung und Verwertung der betreffenden Datenbank einschränkt, ist dieser Eingriff aus Gründen des Allgemeinwohls sachlich gerechtfertigt. Gleiches gilt bezüglich eines Verstoßes gegen Art. 12 GG.
5. Die Höhe des insgesamt zu zahlenden Entgelts darf nicht von der Anzahl der Nutzungsfälle abhängig gemacht werden.
6. Gesetzeswidrige Preisvereinbarungen sind nicht insgesamt nichtig, sondern nur teilnichtig. Grundsätzlich ist nur derjenige Teil der Preisvereinbarung nichtig, die die zulässige Höchstgrenze überschreitet, so dass der Preis mit dem zulässigen Preis aufrechterhalten bleibt.
Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 01.03.2006) |
Gründe
I.
Die Klägerin betreibt Telefonauskunftsdienstleistungen. Die hierfür erforderlichen Daten bezieht sie aufgrund eines Vertrages vom 31.03.2005 von der Beklagten, die als Nachfolgerin der D. T. über umfassende Datenbestände zu Teilnehmernetzanschlüssen verfügt. Soweit sie diese nicht aufgrund eigener Bereitstellung der Anschlüsse erlangt hat, werden sie ihr von den übrigen Anbietern von Netzanschlüssen (sog. Carriern) zur Verfügung gestellt.
Die Beklagte verwaltet die Daten ihrer Vertragskunden in ihrer Datenbank ANDI. Darüber hinaus unterhält die Beklagte eine Datenbank DaRed, die sie für die Verwendung von Verzeichnis- und Auskunftsdiensten aufbereitet hat.
Der entsprechende Vertrag mit der Klägerin vom 31.03.2005 enthält in § 4 eine Kostenregelung, wonach pro Anruf zu den Auskunftsnummern der Klägerin bzw. pro Zugriff auf DaRed ein Preis von 0,0882 EUR zzgl. Umsatzsteuer bei einer Mindestzahl von Nutzungsfällen in Höhe von 5 % der an die Klägerin gelieferten Anzahl von Teilnehmerdatensätzen zu zahlen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Anlage K1) verwiesen.
In Ziffer 3j) des Vertrages wird eine Erfassungs- und Meldepflicht der Klägerin an die Beklagte hinsichtlich der Anzahl der Zugriffe bestimmt, die die Grundlage der Abrechnung nach § 4 darstellt.
Aufgrund dieses Vertrages zahlte die Klägerin eine Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000 EUR an die Beklagte.
Im September 2002 hatte das Bundeskartellamt gegen die Beklagte ein Verfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 20 GWB) wegen überhöhter Entgelte für die Datenüberlassung eingeleitet. Das Verfahren wurde im September 2003 eingestellt, nachdem sich die Beklagte damit einverstanden erklärt hatte, ab dem 01.01.2003 der Berechnung ihrer Entgelte nur noch jährliche Gesamtkosten von maximal 49 Mio. Euro anstelle von bisher 89,9 Mio. Euro zu Grunde zu legen. Mit Beschluss vom 17.08.2005 verfügte die Bundesnetzagentur eine Absenkung der von der Beklagten gegenüber den Abnehmern von Teilnehmerdaten abrechenbaren jährlichen Überlassungskosten auf 770.000 EUR.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vertraglichen Entgeltabrede verstoße gegen § 47 TKG und sei daher nichtig nach § 134 BGB. Danach dürfe die Beklagte von der Klägerin nur die Kosten der effizienten Bereitstellung fordern. Dies ergebe bereits eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift.
Die Klägerin hat mit der am 29.04.2005 eingereichten Klage beantragt,
1. festzustellen, dass § 4 des zwischen den Parteien bestehenden Teilnehmerdatenüberlassungsvertrages vom 31.03.2005 nichtig ist,
2. festzustellen, dass § 3 lit. j) des zwischen den Parteien bestehenden Teilnehmerdatenüberlassungsvertrages vom 31.03.2005 nichtig ist,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihre Teilnehmerdaten bis zur endgültigen Entscheidung über die zulässige Höhe der von der Beklagten verlangten Teilnehmerdatenüberlassungskosten ohne Entgelt an sie herauszugeben,
4. hilfsweise hierzu, die Beklagte zur Herausgabe der Teilnehmerdaten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.772,48 EUR jährlich zu verurteilen,
5. die ...