Leitsatz (amtlich)

Der Rechtsschutzversicherer, der seinem Versicherungsnehmer Deckungsschutz für die Verteidigung gegen eine Schadensersatzklage unter dem Vorbehalt des Einwands der Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher und rechtswidriger Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 4 Abs. 2a ARB 75) gewährt hat, ist leistungsfrei und hat Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten des Rechtsstreits, wenn sich herausstellt, dass der Versicherungsnehmer beim Verkauf einer Eigentumswohnung dem Käufer kapillar aufsteigende Feuchtigkeit arglistig verschwiegen und dadurch den Keim des Schadensersatzrechtsstreits vorsätzlich geschaffen hat.

 

Normenkette

ARB 75 § 4 Abs. 2a; BGB § 812

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 136/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.10.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 5.919,83 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes ab 27.7.2001 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus der Rechtsschutzversicherung (ARB 75 – Fassung 84 – GA 56).

Die Klägerin ist bei der Beklagten rechtsschutzversichert, ihr – zwischenzeitlich von ihr geschiedener – Ehemann war mitversichert. Die Klägerin beansprucht die Übernahme (weiterer) Kosten, die ihr und ihrem Mann durch den Prozess 6 O 370/95 LG Düsseldorf = 9 U 158/99 OLG Düsseldorf erwachsen sind. In diesem Verfahren wurden die jetzige Klägerin und ihr Ehemann auf Schadensersatz wegen arglistischen Verschweigens von Mängeln haftbar gemacht. Die Klägerin des Vorprozesses – eine Frau W. – hatte von der Versicherungsnehmerin und ihrem Ehemann in notarieller Urkunde vom 11.8.1994 (Beiakten 6 O 370/95 LG Düsseldorf, loser Anlagenhefter) deren Doppelhaushälfte gekauft. Dieses Haus (Wohnungseigentum) hatten die Eheleute 1987 ersteigert und selbst bewohnt. Im Souterrain machte sich Feuchtigkeit bemerkbar, die auf kapillar aufsteigende Nässe zurückging. Da sich eine Sanierung durch Einbringen einer Sperrschicht ins Mauerwerk als zu aufwendig erwies, ließen die Klägerin und ihr Ehemann innen auf das Mauerwerk des Souterrains einen Spezialputz aufbringen, durch den die Feuchtigkeit verdampfen konnte, wodurch sicht- oder spürbare Feuchtigkeitserscheinungen in den Räumlichkeiten gänzlich oder weitgehend vermieden werden konnte. Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Wände nicht mit diffusionssperrendem Anstrich oder Tapeten versehen und die Räume ausreichend gelüftet wurden. Die Käuferin machte geltend, diese Umstände seien offenbarungspflichtig gewesen und ihr arglistig verschwiegen worden. Die Beklagte erteilte der Klägerin zur Verteidigung gegen die Schadensersatzklage Deckungsschutz mit Schreiben vom 14.9.1995 (GA 18), allerdings unter dem Vorbehalt des Einwands der Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher und rechtswidriger Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 4 Abs. 2a ARB 75). In der Folge trug die Beklagte Prozesskosten i.H.v. 47.345,40 DM, die bis auf 11.578,79 DM zurückgezahlt sind (GA 63). Der noch offene Rest ist Gegenstand der Widerklage. Die Klägerin verlangt hiergegen weitere Kostenerstattungen.

Die Schadensersatzklage der Käuferin hatte Erfolg. Das OLG Düsseldorf erklärte die Klage wegen arglistigen Verschweigens von Mängeln – nach umfänglichen Beweiserhebungen – am 3.7.2000 für dem Grunde nach gerechtfertigt (vgl. GA 19 ff.). Zur Höhe einigten sich die Parteien später im Vergleichswege (vgl. GA 43 ff.).

Die Beklagte kam auf den Vorbehalt ihrer Deckungszusage zurück, verweigerte mit Blick auf die Urteilsbegründung des Vorprozesses weitere Zahlungen und forderte die erbrachten Leistungen zurück (vgl. GA 150). Der Ehemann der Klägerin bat wegen der Rückzahlung um Entgegenkommen, ggf. Ratenzahlung (Ga 152), womit die Beklagte einverstanden war (vgl. GA 155). Nach Tilgung zweier Raten nahm der Ehemann von weiteren Rückzahlungen Abstand (vgl. GA 158).

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte sei zur Erstattung der Kosten des Vorprozesses verpflichtet. Sie hat behauptet, sie und ihr Ehemann hätten der Käuferin – entgegen den Ausführungen des Urteils im Vorprozess – keineswegs einen Mangel arglistig verschwiegen. Da die Räume in keiner Weise mehr feucht gewesen seien, habe das verkaufte Objekt – jedenfalls aus ihrer seinerzeitigen Sicht – keinen Mangel aufgewiesen. Gleichwohl sei die Käuferin über die kapillar aufsteigende Feuchtigkeit und die dagegen getroffenen Maßnahmen in vollem Umfang unterrichtet worden...

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