Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung Privatgutachten als qualifizierter Parteivortrag und Verwendung im Rahmen der Beweiswürdigung; Verwertung des Ergebnisses einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme; Zurechnung des Wissens eines Mitarbeiters einer juristischen Person im Zusammenhang mit der Beurteilung des arglistigen Verschweigens eines Mangels

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein von der Prozesspartei in Bezug genommenes Privatgutachten kann als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann. Das Gericht hat jedoch zuvor die Gegenpartei auf die beabsichtigte Verwertung des Gutachtens als alleinige Grundlage der Entscheidungsfindung hinzuweisen.
  • Die Berufung darauf, das Erstgericht habe Ergebnisse einer Beweisaufnahme verwertet, die nach dem Sach- und Streitstand nicht erforderlich gewesen war, stellt keinen tauglichen Berufungsangriff dar. Beruht die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts auf einem prozessual unzulässigen, aber erstinstanzlich durchgeführten Ausforschungsbeweis ist das Berufungsgericht im Rahmen des § 529 ZPO hieran gebunden, da die Voraussetzungen für ein Beweisverwertungsverbot nicht vorliegen.
  • Zu den Voraussetzungen, unter denen einer juristischen Person das Wissen eines Mitarbeiters (z.B. im Zusammenhang mit dem vom Vertragspartner erhobenen Arglistvorwurf nach § 444 BGB) zugerechnet wird, auch wenn dieser am Abschluss des Vertrages nicht beteiligt gewesen ist.
 

Normenkette

BGB §§ 166, 444; ZPO §§ 286, 529

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 24.06.2014; Aktenzeichen 18a O 93/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Düsseldorf vom 24.6.2014, Az. 18a O 93/11 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in selber Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Mängelbeseitigung an einem Mehrfamilienhaus in Anspruch, dass sie von der Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 29.11.2006 (Anlage CBH 1) unter Ausschluss aller Ansprüche und Rechte wegen Sachmängeln erworben hatte. In diesem Zusammenhang versicherte die Beklagte in § 4 des Vertrages, dass ihr nicht erkennbare Mängel nicht bekannt seien.

Die Beklagte hatte das in den Jahren 1997/98 errichtete Gebäude im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss vom 06.09.2005 erworben. Seit 2003 wurde das Objekt durchgängig auch nach Erwerb durch die Beklagte bzw. nachfolgend die Klägerin durch die Zeugin S. verwaltet.

Die Zeugin S. beauftragte den Sachverständigen K. am 30.10.2010 mit der Klärung von Ursachen für Wassereinbrüche. Nachdem der Sachverständige im Gutachten vom 14.07.2011 (Anlage CBH 2) zu dem Ergebnis gelangt war, dass Schwachstellen im Drainage- und Regenableitungssystem vorhanden waren, die bei Rückstau zum Eindringen von Wasser in die Kellerräume führen könnten und dass Baufehler an den Bauwerksabdichtungen im Gründungsbereich vorlägen, forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2011 (Anlage CBH 7) erfolglos zur Rückabwicklung des Vertrages auf.

Mit der am 28.11.2011 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 06.01.2012 zugestellten Klage verlangt die Klägerin die Beseitigung der Ursachen von Feuchtigkeitsschäden im Keller sowie die Beseitigung von Frost- und Feuchtigkeitsschäden im Bereich der Balkone.

Die Klägerin hat behauptet, die festgestellten Wassereinbrüche beruhten auf Baumängeln, die der Beklagten bei Vertragsschluss bekannt gewesen seien. Die Zeugin S. habe die Beklagte hierüber in ihren Monatsberichten informiert und eine Mangelbeseitigung angeregt, die jedoch unterblieben sei. Auch habe sie die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin v. M., die Wissensvertreterin der Beklagten gewesen sei, informiert.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und das Vorliegen der behaupteten Mängel, deren Vorhandensein bereits im Jahre 2006 und ihre Kenntnis derselben bestritten.

Mit Urteil vom 24.06.2014 hat das LG Düsseldorf - Einzelrichterin - die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 444 BGB verurteilt, die folgenden die Kellerdurchfeuchtung betreffenden Mängel und Mängelursachen zu beseitigen:

a) Ins Kellergeschoss dringt durch die Außenwände und Lichtschächte Feuchtigkeit/Wasser ein; Außenwände und Böden sind nass; über den Boden zieht die Feuchtigkeit auch in die Innenwände. Das Drainage- und Regenableitungssystem entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik.

b) Feuchtigkeits- und Schimmelbefall an sämtlichen Wänden des Kellergeschosses; der Schimmel befindet sich im Sockelbereich und erstreck...

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