Verfahrensgang
LG Krefeld (Entscheidung vom 17.12.2009) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 17.12.2009 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgericht Krefeld abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 74.084,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.5.2005 sowie 928,00 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des 1. Rechtszuges fallen dem Beklagten zu 90 %, der Klägerin zu 10 % zur Last. Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin nimmt den beklagten Anwalt auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wirft ihm vor, eine Schadensersatzklage gegen ihren früheren Steuerberater S erst am 20.8.2001 nach Eintritt der Verjährung beim Landgericht Kleve eingereicht und es versäumt zu haben, zur Unterbrechung der Verjährung die Klage vor Ablauf der primären Verjährungsfrist innerhalb von 3 Jahren nach Bekanntgabe der Feststellungsbescheide des Finanzamts M über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1993 vom 11.6.1997 (GA 587, Bekanntgabe: 13.6.1997, BA 297) und für 1994 vom 17.6.1997 (GA 589, Bekanntgabe: 19.6.1997, BA 300) einzureichen. Das Mandat zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen ihren Steuerberater S hatte die Klägerin den Rechtsanwälten G P K & Partner bereits Anfang 2000 erteilt. Der Beklagte hatte als Partner dieser Anwaltskanzlei den Steuerberater S mit Schreiben vom 23.3.2000 (Anlage K2) aufgefordert, seine Schadensersatzpflicht dem Grunde nach anzuerkennen und seine Haftpflichtversicherung einzuschalten.
Die Einreichung der vorliegenden Klage gegen den Beklagten ist am 21.4.2005 erfolgt. In 2. Instanz werden noch folgende Schadenspositionen geltend gemacht: 63.778,19 Euro Einkommensteuerschaden gemäß den Berechnungen des Sachverständigen S im Gutachten vom 15.10.2007 und 10.305,91 Euro Prozesskosten, die im Vorprozess gegen den Steuerberater S (1 O 442/01 LG Kleve = 23 U 73/02 OLG Düsseldorf) angefallen sind.
Im Vorprozess hatte die Klägerin ihrem Steuerberater S vorgeworfen, sie im Zusammenhang mit der im Jahre 1993 erfolgten Gründung der Praxisgemeinschaft mit Dr. S und der ab 1996 erfolgten steuerlichen Bearbeitung der Veranlagungsjahre 1993 und 1994 falsch beraten zu haben, insbesondere es im Zusammenhang mit der Gewinnfeststellung und Steuererklärung des Jahres 1993 versäumt zu haben sie darauf hinzuweisen, dass sie auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 15.9.1993 (Anlage K1) die Möglichkeit habe, ihre Einzelpraxis gemäß § 24 Abs. 2 UmwStG zu Teilwerten in die Praxisgemeinschaft einzubringen, dadurch alle stillen Reserven der Einzelpraxis aufzudecken und sich damit die Vorteile des halben Steuersatzes des § 34 Abs. 1 EStG a.F. auf den Veräußerungsgewinn und ein neues Abschreibungsvolumen für die Folgejahre zu verschaffen.
Nach § 24 Abs. 2 UmwStG hätte die Praxisgemeinschaft als Personengesellschaft das einbrachte Betriebsvermögen der Klägerin mit dem Buchwert oder mit einem höheren Wert in Ansatz bringen können. Nur der Ansatz der Teilwerte hätte zur vollständigen Aufdeckung der in den bisherigen (niedrigeren) Buchwerten des Praxisvermögens enthaltenen stillen Reserven und eines eventuell enthaltenen Praxiswertes geführt. Die Klägerin hätte in diesem Fall nicht das tatsächliche Veräußerungsentgelt, sondern einen fiktiven Veräußerungserlös, der sich aus der Differenz zwischen den Teilwerten und den bisherigen Buchwerten ergab, und diesen gemäß § 34 Abs. 1 EStG a.F nur mit der Hälfte ihres durchschnittlichen Steuersatzes versteuern müssen. Außerdem hätte sie den Vorteil gehabt, dass in den Folgejahren das Praxisvermögen auf der Grundlage der (höheren) Teilwerte hätte abgeschrieben werden können, was ihren steuerpflichten Gewinn vermindert hätte. Das Wahlrecht gemäß § 24 Abs. 2 UmwStG hätte die Praxisgemeinschaft ausüben müssen, und zwar durch Erstellung einer Einbringungs- und Eröffnungsbilanz auf den Zeitpunkt der Einbringung, aus der sich hätte ergeben müssen, dass sie die Einzelpraxis der Klägerin zu Teilwerten übernommen hatte.
Eine solche Bilanz hatte der Beklagte nicht erstellt. Die von ihm für die Jahre 1993 und 1994 erstellten Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG gingen davon aus, dass das eingebrachte Betriebsvermögen der Klägerin mit seinem Buchwert berücksichtigt wurde. Sie führten zu den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Feststellungsbescheiden des Finanzamts M für 1993 vom 11.6.1997 und für 1994 vom 17.6.1997, die beim Steuerberater S am 13.6. bzw. ...