Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt ein negativ bewerteter Arzt den Betreiber eines Internetportals zur Bewertung von Ärzten und Angehörigen sonstiger Heilberufe (www.sanego.de) auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung von persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen eines Dritten in Anspruch, die dieser seiner (negativen) Bewertung über ein von dem Portalbetreiber vorgehaltenes Freitextfeld hinzugefügt hat, setzt eine unmittelbare Störerhaftung des Portalbetreibers voraus, dass dieser sich den Textbeitrag des Dritten zu eigen gemacht hat, was bei einer unveränderten, wörtlichen Übernahme und Veröffentlichung des Textbeitrags zu verneinen ist. Eine vor der Veröffentlichung entweder manuell oder automatisiert durchgeführte Überprüfung des Texts auf in diesem enthaltene "Schimpfwörter" bewirkt nicht, dass für andere Nutzer des Portals der Eindruck entsteht, dass sich der Portalbetreiber den Inhalt der Veröffentlichung zu eigen gemacht hat.
2. Eine mittelbare Störerhaftung des Portalbetreibers kommt grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn dieser von dem von einer negativen Äußerung oder Bewertung Betroffenen unterrichtet wird; erst dann trifft ihn eine Rechts- und Prüfpflicht, um zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Als Hostprovider ist der Portalbetreiber grundsätzlich nicht verpflichtet, (Text-) Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Auch die berufliche Stellung des Betroffenen als Arzt führt zu keiner anderen Bewertung, zumal dieser durch die beanstandeten negativen Äußerungen lediglich in der weniger schutzwürdigen Sozialsphäre betroffen wird.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 27.11.2014; Aktenzeichen 4 O 83/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 27.11.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Duisburg - Az.: 4 O 83/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind vom Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung vermeintlich ehrverletzender, von einem Dritten in Bezug auf seine Person getätigter Aussagen auf einem von der Beklagten betriebenen Online-Bewertungsportal.
Der Kläger ist Facharzt für Urologie und betreibt als solcher eine Praxis in M. Die Beklagte betreibt im Internet auf der Webseite www.sanego.de ein kostenloses Gesundheitsportal mit der Möglichkeit, namentlich Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe zu suchen und zu bewerten. Jede von der Beklagten gelistete Person ist dazu auf einer gesonderten (Profil-) Seite mit ihren individuellen Daten, bestehend aus Name, Kontaktdaten und Fachgebiet, den abgegebenen Bewertungen und sonstigen relevanten Informationen geführt. Um Bewertungen abgeben zu können, müssen sich die Nutzer der Webseite lediglich mit einer E-Mail-Adresse registrieren lassen; darüber hinausgehende Angaben zu ihrer Person, wie Name und Anschrift etc., sind nicht erforderlich. Die Bewertungen, die anonym abgegeben werden können, erfolgen anhand einer von 1 (schlecht) bis 10 (gut) reichenden Noten- bzw. Punkteskala in verschiedenen von der Beklagten vorgegebenen Bewertungskategorien (Behandlungserfolg, Kompetenz, Beratung, Terminvereinbarung, Freundlichkeit des Teams, Entscheidungen, Ausstattung der Praxis, Empfehlung). Aus den Einzelnoten einer Bewertung wird - durch Bildung des arithmetischen Mittels - eine Gesamtnote/-punktzahl errechnet. Aus sämtlichen Einzelbewertungen wird wiederum eine Gesamtnote/-punktzahl gebildet, die am Anfang der Profilseite hervorgehoben angegeben wird. Neben der Noten- bzw. Punktevergabe besteht für die registrierten Nutzer die Möglichkeit, in einem mit "Ihre Erfahrungen" gekennzeichneten Kommentarfeld, freie Angaben in Textform zu machen. Die von der Beklagten in dem Portal gelisteten Ärzte und Angehörigen sonstiger Heilberufe können sich bei ihr registrieren lassen und ein kostenloses "Basispaket" "erwerben", das u.a. eine automatische Benachrichtigung bei neu eingehenden Bewertungen beinhaltet und ermöglicht, abgegebene Bewertungen zu kommentieren.
Auf der Webseite der Beklagten war/ist auch ein Profil des Klägers hinterlegt und abrufbar. Für diesen waren bis zum 01.12.2013 zwei Bewertungen abgegeben worden, die zu einer Gesamtnote/-punktzahl von 9,6 geführt hatten. Am 01.12.2013 gab ein Nutzer - anonym - eine negative Bewertung ab, die dazu führte, dass der Noten-/Punktedurchschnitt auf 2,1 sank. Zusätzlich machte der Nutzer über das Freitextfeld einen umfangreichen Eintrag zu seinen Erfahrungen mit dem Kläger, der u.a. die im Klageantrag unter lit. a) bis d) beanstandeten Aussagen enthielt und auf der Profilseite des Klägers veröffentlicht wurde. Wegen des vollständigen Inhalts des Eintrags wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Der nicht bei der Beklagten registrierte Kläger erhielt aus dem Kreis seiner Patienten Kenntnis von dem Eintrag b...