Leitsatz (amtlich)
Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Hotels auf einer Internet-Bewertungsplattform als "Hühnerstall" eine zulässige Meinungsäußerung darstellt. Im Zusammenhang mit dem Namen des Hotels (Landhotel Hühnerhof) sei die Äußerung als satirisches Wortspiel zu verstehen. Eine Schmähkritik, bei der die Diffamierung des Hotels bzw. dessen Betreiber im Vordergrund stehe, sei darin nicht zu sehen. Die Formulierung diene lediglich zur überspitzten Zurschaustellung der im Weiteren geäußerten Kritik. Zum Volltext der Entscheidung:
Normenkette
BGB analog § 1004 Abs. 1 S. 2; BGB § 823 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Rottweil (Urteil vom 15.04.2013; Aktenzeichen 1 O 76/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Rottweil vom 15.4.2013 - 1 O 76/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil des LG und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufung: 20.000 EUR
Gründe
I.1. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung, das von ihm betriebene Landhotel Hühnerhof als "Hühnerstall" zu bezeichnen sowie auf Erstattung des ihm durch diese Bezeichnung bereits entstandenen oder zukünftig noch entstehenden Schadens in vom Gericht zu schätzender Höhe in Anspruch.
Die Beklagte betreibt u.a. die Webseite www ... de. auf welcher Hotels von Besuchern der Seite bewertet werden können und Reisen sowie Hotelübernachtungen vermittelt werden.
Auf der genannten Webseite hat die Beklagte die nachfolgende Bewertung eines Bewerters namens "Eduard" vom Februar 2010 eingestellt.
Archivierte Bewertung für Landhotel Hühnerhof
Nicht Hühnerhof sondern Hühnerstall
Für ein 4 Sterne Restaurant eine zumutung. Rezeption nicht besetzt. Frühstück eine einzige Katastrophe.
Bahnhofsatmosphäre. Rollwagen worauf das Geschirr gestapelt wird. Bei 100 Übernachtungen pro Jahr, hier nie wieder!!!!!!!!!!!!!
Hotel allgemein 2.8
Zustand des Hotels 3.0
Allgemeine Sauberkeit der einzelnen Bereiche 3.0
Familienfreundlichkeit 2.0
Behindertenfreundlichkeit 3.0
Lage & Umgebung 3.0
Einkaufsmöglichkeiten in Umgebung 3.0
Verkehrsanbindung und Ausflugsmöglichkeiten 3.0
Restaurants & Bars in der Nähe 3.0
Sonstige Freizeitmöglichkeiten 3.0
Service 1.8
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft 2.0
Fremdsprachenkenntnisse des Personals 2.0
Rezeption, Check-In, Check-Out 1.0
Kompetenz (Umgang mit Reklamationen) 2.0
Gastronomie 2.8
Vielfalt der Speisen & Getränke 3.0
Geschmack & Qualität der Speisen & Getränke 3.0
Atmosphäre & Einrichtung 2.0
Sauberkeit im Restaurant und am Tisch 3.0
Sport, Pool & Unterhaltung 3.0
Freizeitangebot (Sauna, Tennis, Animation, etc.) 3.0
Zustand und Qualität des Pools 3.0
Zimmer 2.0
Sauberkeit & Wäschewechsel 2.0
Größe des Zimmers 2.0
Ausstattung des Zimmers (TV, Balkon, Safe, etc.) 2:0
Größe des Badezimmers 2.0
Da der Reisezeitraum, auf dem die Bewertung beruht, mehr als 25 Monate zurück liegt, handelt es sich um eine sog. archivierte Hotelbewertung, die keinen Einfluss auf den aktuellen Bewertungsdurchschnitt hat, worauf der Leser der Bewertung auf der Webseite hingewiesen wird.
Die Parteien haben hinsichtlich der streitgegenständlichen aber auch hinsichtlich anderer Bewertungen vorgerichtlich umfangreich miteinander korrespondiert. Mit E-Mails vom 12.12.2011 (K2, Bl. 10) und vom 3.1.2012 (K3, Bl. 11) hat die Beklagte erklärt, 5 Bewertungen offline zu nehmen und nicht mehr zu veröffentlichen, da sie auf Nachfrage von den Autoren der Bewertungen keine Rückmeldung erhalten habe. U. a. der Autor "Eduard" habe sich jedoch gemeldet und seine Meinungsäußerungen in der Bewertung vollumfänglich bestätigt. Da sie zum derzeitigen Kenntnisstand aufgrund der Äußerungen der User keine rechtswidrigen bewussten Falschaussagen in den Bewertungen erkennen könne, sehe sie keine Anspruchsgrundlage, um die Bewertungen zu löschen.
Mit E-Mail des Klägervertreters vom 19.6.2012 (K4, Bl. 12f) wurde die Beklagte u.a. erfolglos aufgefordert, Namen samt Anschrift des Verfassers "Eduard", mindestens jedenfalls die IP-Adresse seines Computers mitzuteilen. Mit Schreiben des Klägervertreters vom selben Tag (K5, Bl. 14f) wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis 1.7.2012 abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte teilte durch Anwaltsschreiben vom 29.6.2012 (K6, Bl. 16) mit, der Kläger unterschätze die Reichweite des Art. 5 Abs. 1 GG, bei der Bewertung handele es sich nur um eine pointierte Meinungsäußerung.
Der Kläger leitet seinen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB analog und § 8 UWG her.
Er vertritt mit sehr umfangreicher Begründung die Auffassung, die Wortverdrehung "Hühnerhof" in "Hühnerstall" beinhalte eine Schmähkritik, weshalb die Beklagte für die Löschung der Bewertung verantwortlich sei. Er hält weiter einen Schadensersatzanspruch (entgangener Gewinn) wegen der behaupteten Schmähkritik i.H.v. 2.000 EUR bis 3.000 EUR für denkbar.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, bei der Bewertung handele ...