Leitsatz (amtlich)

1. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit des Mietobjekts (hier geringe Feuchtigkeit)oder eine entsprechende Vorenthaltung gibt dem Mieter nicht das Recht zur außerordentlichen Kündigung.

2. Unterschiedliche Minderungen während eines mehrmonatigen Zeitraums lassen sich zu einer einheitlichen durchschnittlichen Minderungsquote zusammenfassen.

3. Eine erst nach 21:00 Uhr per E-Mail oder Telefax eingegangene Willenserklärung (hier Annahme eines Vergleichsangebots) geht erst am folgenden Tag zu.

 

Normenkette

BGB §§ 535-536, 543; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 04.11.2010; Aktenzeichen 21 O 6/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.11.2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin EUR 38.578,23 nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz aus EUR 12.859,41 seit dem 4.10.2009, aus weiteren EUR 12.859,41 seit dem 4.11.2009 und aus EUR 12.859,41 seit dem 4.12.2009 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte EUR 4.367,17 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.5.2010 zu zahlen. Die weiter gehende Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 4 % die Klägerin und zu 96 % die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 12 % die Klägerin und zu 88 % die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die jeweiligen Rechtsvorgänger der Parteien schlossen unter dem 18.12.1996/20.1.1997 einen Gewerberaummietvertrag (im Folgenden: MV). Der MV wurde durch mehrere Nachträge ergänzt. Die P. mbH (im Folgenden: P.) betrieb als Mieterin dort bis zum April 2008 einen Lebensmittelmarkt. Am 24.4./7.5.2008 vereinbarten die Klägerin (Vermieterin) und P. einen weiteren Nachtrag zum Mietvertrag. Danach hatte die Mieterin folgende Zahlungen zu erbringen:

Grundmiete

8.487,99

19 % MwSt.

1.612,72

Erbbauzins

2.318,24

19 % MwSt.

440,47

Nebenkostenvorauszahlungen

390,00

19 % MwSt.

74,10

13.323,52

Im März bzw.4.2009 wurden im Zuge der Räumung des Objekts Feuchtigkeitsstellen an der rückwärtigen Gebäudewand in einem Bereich, in dem sich zuvor Kühlgeräte befunden hatten, festgestellt. Die Klägerin sowie die für die Firma P. und danach für ihre Rechtsnachfolgerin, die Beklagte, handelnde S. GmbH (im Folgenden: S.) beauftragten jeweils Sachverständige mit der Schadensbegutachtung. Ursache der ins Mauerwerk eindringenden Feuchtigkeit war ein zu hohes Niveau des Nachbargrundstücks infolge von Erdaufschüttungen. In der Folgezeit rügte die Beklagte diese Mängel und setzte der Klägerin Fristen zur Beseitigung. Die Klägerin konnte die an der Außenwand erforderlichen Arbeiten zunächst nicht ausführen, weil ihr der benachbarte Grundstückseigentümer den Zutritt verweigerte. Im Juli 2009 dichtete die Klägerin den Bereich von innen ab. Nachdem der von der S. hinzugezogene Gutachter Dipl.-Ing. G. bei Feuchtigkeitsmessungen Ende Juni 2009 und bei einem Nachschautermin am 25.8.2009 zu hohe Feuchtigkeitswerte ermittelt hatte, setzte die S. der Klägerin am 11.9.2009 erneut eine Frist zur Beseitigung der Mängel bis zum 30.9.2009. Bereits am 28.9.2009 erklärte die S. für die Beklagte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Die Kündigung war gerichtet an die M. GmbH, welche von der Klägerin mit der Verwaltung des Objekts betraut war. Unter dem 30.9.2009 wies die Klägerin die Kündigung zurück.

Die Mietzahlungen leistete die Beklagte bis einschließlich September 2009 in der vertraglich vereinbarten Höhe. Ab Oktober 2009 leistete sie keine Zahlungen mehr.

Im Oktober 2009 konnte die Klägerin eine Isolierung des Außensockels durchführen lassen, nachdem sich der benachbarte Grundstückseigentümer hiermit einverstanden erklärt hatte. Bereits zuvor, nämlich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Sommer 2009 waren die Erdaufschüttungen entfernt worden.

Am 27.10.2009 unterbreitete die S. per E-Mail (Uhrzeit: 14:52 Uhr) der Klägerin das Vergleichsangebot, eine Zahlung i.H.v. EUR 199.000,- zzgl. Mehrwertsteuer zur Abgeltung aller Ansprüche leisten zu wollen. Das Angebot war bis zum 11.11.2009 befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf Bezug genommen. Die Klägerin erklärte die Annahme dieses Angebots am Tag des Fristablaufs per E-Mail um 21:04 Uhr und per Telefax, eingegangen bei der S. um 21:10 Uhr. Die S. wies mit Schreiben vom 12.11.2009 die Annahmeerklärung unter Hinweis auf § 130 BGB als verspätet zurück.

In der Folgezeit übersandte die Beklagte der Klägerin eine Kiste mit Schlüsseln. Zwischen den Parteien ist streitig...

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