Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuwidrige Verjährungseinrede des in Regress genommenen Rechtsanwalts
Normenkette
BGB §§ 194, 242
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 O 362/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 17.4.2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu zahlen:
1) 52.443,60 DM nebst 4 % Zinsen aus 52.308,60 DM für die Zeit vom 21.4.1998 bis zum 15.6.1998, 4 % Zinsen aus 26.208,60 DM für die Zeit vom 16.6.1998 bis zum 15.6.1999 und 4 % Zinsen aus 30.381,60 DM für die Zeit vom 16.6.1999 bis zum 15.6.2000 sowie 4 % Zinsen aus 52.308,60 DM für die Zeit ab 16.6.2000 und aus 135 DM für die Zeit ab 3.4.2001;
2) weitere 1.827 DM Zinsen für die Zeit vom 16.6.1998 bis um 15.6.1999;
3) weitere 1.534,89 DM Zinsen für die Zeit vom 16.6.1999 bis zum 15.6.2000.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 10 % dem Kläger und zu 90 % der Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, und die als unselbstständiges Rechtsmittel zulässige Anschlussberufung des Klägers haben in der Sache jeweils nur zum Teil Erfolg. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:
Berufung der Beklagten
1. Ihre grundsätzliche Schadensersatzverpflichtung wegen mangelhafter anwaltlicher Beratung des Klägers unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung (vgl. dazu z.B. Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl., § 276 Rz. 39 ff.) stellen die Beklagten ausdrücklich nicht mehr in Abrede (Bl. 257), so dass es insoweit weiterer Ausführungen im Anschluss an die diesbezüglichen Erwägungen des LG nicht bedarf.
2. Die von den Beklagten in der Berufungsinstanz in erster Linie weiterverfolgte Einrede der Verjährung greift in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil nicht durch und vermag daher den Klageabweisungsantrag ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dabei kann dahinstehen, wann die dreimonatige Verjährungsfrist des § 51b BRAO zu laufen begonnen hat oder ob sie jedenfalls im Hinblick auf das Bestehen einer sog. Sekundärhaftung der Beklagten durch die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegende Klage rechtzeitig unterbrochen worden ist. Das LG hat nämlich zu Recht angenommen, dass die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagten treuwidrig i.S.d. § 242 BGB und daher unbeachtlich ist.
Die Verjährungseinrede verstößt unter anderem dann gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung, wenn der Schuldner durch sein Verhalten, selbst wenn dieses nicht beabsichtigt war, den Gläubiger von der rechtsseitigen, den Lauf der Verjährungsfrist unterbrechenden Klageerhebung abgehalten hat, wobei allerdings ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. z.B. BGH VersR 1971, 339 [340]; VersR 1978, 377 [378]; OLG Düsseldorf v. 22.3.1984 – 8 U 157/83, MDR 1984, 843; Staudinger/Schmitt, BGB, 3. Aufl., § 242 Rz. 600; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., vor § 194 Rz. 10, jeweils m.w.N.). Ein derartiger Fall mit der gekennzeichneten Rechtsfolge ist vorliegend gegeben. Auf die Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.4.1998 (Bl. 55 d.A.), ob „ohne weitere Ankündigung der Klageweg beschritten werden” solle, haben die Beklagten postwendend mit Schreiben vom 30.4.1998 (Bl. 56 d.A.), als Verjährung auch vom Standpunkt der Beklagten aus nicht eingetreten war, erwidert; mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich erfolgte Einschaltung ihrer Haftpflichtversicherung hielten sie es für sachgerecht, „auf Weiterungen zunächst zu verzichten”. Dies konnte bei verständiger Würdigung auf Seiten des Klägers nur dahingehend aufgefasst werden, dass von der angekündigten Klageerhebung einstweilen abgesehen werden sollte, wobei ersichtlich Kostengesichtspunkte (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf v. 23.3.1984 – 8 U 157/83, MDR 1984, 843) im Vordergrund standen. Gleichzeitig erweckten die Beklagten den Anschein, dass sie eine infolge ihrer vorstehend beschriebenen Stellungnahme und des daran anschließenden Zuwartens des Klägers verspätete Klageerhebung nicht zum Anlass nehmen würden, sich auf einen etwaigen Ablauf der nicht rechtzeitig unterbrochenen Verjährung zu berufen. Die vorgesehene Rücksprache mit ihrer Haftpflichtversicherung, die der Kläger zunächst abwarten sollte, konnte nämlich nur sachliche Gesichtspunkte zur Frage der Haftung zum Gegenstand haben, so dass der Kläger davon ausgehen konnte, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch werde in Zukunft ausschließlich mit Einwendungen in der Sache bekämpft werden (vgl. BGHZ 93, 66). Wenn die Beklagten mit Schreiben vom 18.9.1998 (Bl. 63 d.A.) stattdessen mitteilten, der Anspruch des Klägers sei jedenfalls verjährt, so war dies angesichts der vorausgegangenen Korrespondenz nicht nur überraschend, sondern verstieß e...