Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des GbR-Gesellschafters für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Akzessorietät zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterschuld bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt nicht zur Haftung eines Gesellschafters für bereits vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten. § 130 HGB ist auf die GbR nicht entsprechend anwendbar.
2. Ein Gesellschafter haftet nicht analog § 28 HGB für Ansprüche, die bereits vor seinem Eintritt in das Einzelunternehmen eines Freiberuflers entstanden sind.
3. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der in Anspruch genommene Steuerberater zuvor als Angestellter des mandatierten Steuerberaters tätig war und in dieser Eigenschaft den Schaden des Mandanten verursacht hat.
4. Ein Steuerberater kann die ihm überantwortete Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit bestimmter Aufwendungen auch unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens nicht dadurch auf seinen Auftraggeber rückübertragen, dass er ihn ohne nähere Präzisierung um die Auflistung von „Werbungskosten” bittet.
Normenkette
BGB §§ 254, 278, 675, 705 ff., § 714; HGB §§ 28, 128 f., § 130; ZPO §§ 296, 528
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 4 O 38/00) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 19.12.2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Krefeld auf die Berufung des Beklagten zu 1) teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin, die des Beklagten zu 2) dieser selbst. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster Instanz werden zu 54 % der Klägerin und zu 46 % dem Beklagten zu 2) auferlegt. Die zweitinstanzlichen Gerichtskosten sowie die in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese selbst und der Beklagte zu 2) je zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten zu 2) wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 135.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unvollständiger Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume … bis … auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am … verstorbenen Ehemanns E., der Gesellschafter und Geschäftsführer der „E.-GmbH” war. Der Beklagte zu 2) hat die Eheleute sowie die GmbH seit … in allen steuerlichen Angelegenheiten als Steuerberater betreut. Der Beklagte zu 1) war Angestellter des Beklagten zu 2) und hat anschließend mit diesem eine Steuerberatersozietät gegründet.
Im Zuge einer Betriebsverlagerung der GmbH hat der Ehemann der Klägerin auf dem bisherigen Betriebsgrundstück bauliche Maßnahmen vorgenommen. In die … aufgenommen Beratungen über dieses Projekt sowie seine sich über vier Jahre hinziehende Abwicklung war der Beklagte zu 2) von Anfang an involviert. Auf seinen Vorschlag wurde das Bauvorhaben mit Darlehensmitteln aus einer Kapitallebensversicherung finanziert, die der Ehemann der Klägerin bei der Vers. abgeschlossen hatte.
Zur Anfertigung ihrer Einkommens- und Vermögenssteuererklärungen für die Jahre … bis … stellten die Klägerin und ihr Ehemann dem Beklagten zu 2) jeweils einen „Bauordner” zur Verfügung, in dem sowohl die Anzeigen der Versicherung über ausgezahlte Darlehensbeträge wie auch Kontoauszüge und Überweisungsträger für hierauf geleistete Zinszahlungen enthalten waren. Diese Aufwendungen wurden jedoch in den vom sachbearbeitenden Beklagten zu 1) angefertigten Steuererklärungen nicht oder nicht vollständig als Werbungskosten in Ansatz gebracht; infolgedessen sind der Klägerin und ihrem Ehemann nach den Steuerbescheiden des Finanzamts M. (Bl. 64 ff. GA) Steuervorteile i.H.v. insgesamt 119.747,54 DM entgangen. Außerdem hat die Klägerin Ersatz der ihr für die Ermittlung dieses Betrages angefallenen Steuerberaterkosten i.H.v. 696 DM verlangt. Im Zuge einer anderweitig veranlassten Korrektur des Steuerbescheides für … hat das Finanzamt die in diesem Jahr angefallenen Zinszahlungen mit Bescheid vom 17.5.2000 nachträglich anerkannt; wegen des hierauf entfallenden Betrages von 18.732,66 DM haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 101.710,85 DM nebst 4 % Zinsen aus 18.396,17 DM vom 12.2.1996 bis zum 22.4.1996, 29.563,08 DM vom 22.4.1996 bis zum 13.9.1996, 51.139,26 DM vom 13.9.1996 ...