Leitsatz (amtlich)
1. Die beklagte Aktiengesellschaft kann auch im Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren ein prozessuales Anerkenntnis gemäß § 307 ZPO wirksam abgeben. Deren Organe sind dazu befugt, eine Entscheidung über die Nichtigkeit des strittigen Hauptversammlungsbeschlusses herbeizuführen, die nicht auf einer gerichtlichen Klärung des Bestehens der geltend gemachten Anfechtungsgründe, sondern allein auf einem Anerkenntnis beruht.
2. Ein Anerkenntnis der beklagten Aktiengesellschaft wirkt aber auch dann nicht gegen die streitgenössische Nebenintervenienten, wenn diese zwar im ersten Rechtszug noch nicht beigetreten sind, ihren Beitritt jedoch wirksam gemäß §§ 66 Abs. 2, 70 ZPO in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels erklärt und dem Anerkenntnis der von ihnen unterstützen Hauptpartei mit ihrer Berufung widersprochen haben.
3. Die wirksame Bestellung eines besonderen Vertreters durch einen Hauptversammlungsbeschluss erfordert nach § 147 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AktG eine Darstellung der geltend zu machenden Ersatzansprüche der Gesellschaft, die neben dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt erkennen lässt, welche Umstände für das Vorliegen einer anspruchsbegründenden Pflichtverletzung sprechen. Dabei ist zwar weder eine schlüssige Darlegung der Ersatzansprüche noch einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Geltendmachung der Ersatzansprüche gelingen wird, zu verlangen. Jedoch ist über das bloße Behaupten des Bestehens von Ersatzansprüchen unter Hinweis auf eine bestimmte Geschäftsführungsmaßnahme hinaus erforderlich, dass aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Ersatzansprüchen spricht. Ist eine derartige Konkretisierung zum Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht möglich, weil mangels Klärung der Grundlagen denkbarer Ersatzansprüche noch erheblicher Aufklärungsbedarf besteht, ist die Bestellung eines besonderen Vertreters von dem Recht nach § 147 Abs. 2 S. 1 AktG nicht mehr gedeckt.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 33 O 63/16) |
Tenor
I. Die Berufung der Nebenintervenienten zu 1) und 2) gegen das Anerkenntnisurteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 23.09.2016 (33 O 63/16) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Nebenintervenienten zu 1) und 2) jeweils zu 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientinnen zu 3) bis 7) tragen diese selbst.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Nebenintervenienten zu 1) und 2) wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
II. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 21.07.2016 unter Top 9 gefassten Beschlusses über die Bestellung eines besonderen Vertreters zur Geltendmachung der von der Hauptversammlung am 16./17.07.2015 zur Geltendmachung beschlossenen Ersatzansprüche.
Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Stadt 1. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten, die als Konzernobergesellschaft der X1-Unternehmensgruppe fungiert, ist u.a. der Betrieb von Hotels und anderen gastronomischen Betrieben im In- und Ausland und zwar insbesondere durch die Errichtung von Unternehmen oder der Beteiligung an anderen Unternehmen im In- und Ausland. Das Grundkapital der Beklagten beträgt 51.480.000,00 EUR und ist eingeteilt in 19.800.000 Stückaktien. Größte Aktionärin der Beklagten ist die Klägerin, welche der ebenfalls in der Hotellerie- und Touristikbranche tätigen X2-Gruppe angehört, mit 10.327.560 Stückaktien entsprechend 52,16% der Aktien der Beklagten. Zweitgrößte Aktionärin ist mit einem Anteil von 33,80% der Aktien die Nebenintervenientin und Berufungsklägerin zu 1), die X3 Beteiligungs GmbH (im Folgenden: X3). Der Nebenintervenient und Berufungskläger zu 2) ist der mit (angefochtenem) Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 16./17.07.2015 zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen bestellte und mit (ebenfalls angefochtenem) Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 21.07.2016 zu Top 7 abberufene besondere Vertreter der Beklagten.
Hintergrund des streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschlusses ist die am 12.02.2015 im Wege einer Ad-hoc Mitteilung (Anlage K 23) bekanntgegebene - und mit Zustimmung der Hauptversammlung vom 16./17.07.2015 (Anlage K 9) umgesetzte - Absicht der Beklagten, die Anteile an der ein Hotel auf ..... betreibenden A zu einem Kaufpreis von 34 Mio. EUR von der X2-Gruppe zu erwerben. Vor der Hauptversammlung vom 16./17.07.2015 hatte die X3 ein Tagesordnungsergänzungsverlangen an die Beklagte gerichtet, welches der Vorstand der Beklagten durch Einstellen in den Bundesanzeiger bekannt gemacht ...