Leitsatz (amtlich)

›Kommt es infolge heftiger Bewegungen beim Geschlechtsverkehr und dadurch hervorgerufener mechanischer Irritationen zu schweren vaginalen Blutungen und in der Folge zu einer Querschnittslähmung der Versicherungsnehmerin, so kann ein Unfall im Sinne von § 1 III AUB 88 und § 2 (1) AUB 61 vorliegen.‹

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 10 O 21/96)

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht Invaliditätsleistungen aus bei den Beklagten gehaltenen Unfallversicherungen.

Bei der Beklagten zu 1) - H. Versicherung - schloß die Klägerin im Jahre 1980 eine Unfallversicherung ab auf der Basis der AUB 61 (Text GA 36 ff.) mit einer Invaliditätssumme von 260.000 DM (Police GA 34). Bei der Beklagten zu 2) - D. L. bestanden zwei weitere Unfallversicherungen, und zwar (zuletzt) aufgrund Grundlage der AUB 88 (GA 145/146, Text GA 160 ff.) mit Zahlungsverpflichtung bei 100 %iger Invalidität von 337.500 DM (GA 159) sowie 261.000 DM (GA 102).

Am 6. April 1994 wurde die Klägerin vom Rettungsdienst mit starken Unterleibsblutungen in das E.-Krankenhaus in M. gebracht. Dort zeigten sich Anzeichen einer Querschnittslähmung. Nach Untersuchungen im Krankenhaus M. H. (GA 18) wurde die Klägerin am 7. April in die Neurologische Klinik der U. D. verlegt. Dort wurde die Diagnose einer Querschnittslähmung ab Th 4 bestätigt (GA 19). Die Klägerin, die psychomotorisch verlangsamt und "verhangen" wirkte, gab an, einen stechenden Schmerz im Rücken, eine Benommenheit sowie eine starke vaginale Blutung verspürt zu haben, danach sei ihr Bewußtsein eingeschränkt gewesen (GA 21). Stechende Schmerzen im Rücken habe sie bereits früher schon gehabt, jedoch ohne neurologische Ausfälle (GA 19). Angaben dazu, wie es zu den Beschwerden gekommen war, machte die Klägerin nicht. Im Rahmen der gynäkologischen Konsiliaruntersuchung konnte die Ursache der Blutungen nicht eindeutig geklärt werden, so daß die vaginale Blutung "als postmenopausal bei mechanischer Irritation aufgefaßt" wurde (GA 22).

Ab 18. Mai 1994 wurde die Klägerin im Zentrum für Rückenmarkverletzte der W.-W.-Klinik behandelt (GA 24 ff.). Unter dem 18. Juli 1994 (vgl. GA 148) und unter dem 20. Juli 1994 (GA 141) zeigte die Klägerin den Beklagten die Querschnittslähmung als Unfallfolge an. Die vorerwähnte W.-W.-Klinik stellte unter dem 10. November 1994 fest, der Unfall - ein Sturz aus dem Bett beim Sexualakt - mit inkompletter Querschnittslähmung werde Dauerfolgen hinterlassen (GA 24/30). Die Beklagte zu 1) zahlte in der Folge unter Vorbehalt als Abschlag auf Invaliditätsleistungen einen Betrag von 26.000 DM (GA 48). Die Beklagte zu 2) erbrachte Zahlungen auf die Positionen Unfall-Tagegeld, Unfall-Krankenhaustagegeld sowie Genesungsgeld in Höhe von insgesamt 58.175 DM (vgl. GA 70 ff.). Mit Schreiben vom 13. März 1995 (GA 51) wies die Beklagte die Forderung auf Invaliditätsleistungen zurück, weil ein "Unfall" nicht bewiesen und ihr das angebliche Unfallereignis auch verspätet gemeldet worden sei. Entsprechende Erklärungen gab die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 12. April 1995 ab (zitiert GA 115). Zugleich forderten die Beklagten ihre erbrachten Leistungen zurück.

Die Klägerin hat behauptet, am 6. April 1994 mit dem Zeugen P. Intimverkehr gehabt zu haben. Sie habe dabei rittlings auf dem auf dem Rücken liegenden Zeugen gesessen, aufgrund einer heftigen Bewegung jedoch das Gleichgewicht verloren und sei aus dem Bett gestürzt. Dabei sei sie mit dem Gesäß auf eine am Fußende des Betts befindliche Metall-einfassung (Fotos Hülle GA 228) aufgeschlagen, wobei sie einen messerstichartigen Schmerz bis in die Beine hinein verspürt habe. Sie habe das Bewußtsein verloren. Kurze Zeit später hätten die Unterleibsblutungen eingesetzt (vgl. GA 2/3, GA 43 und GA 247). Sie habe diesen Sachverhalt den Ärzten zunächst aus Scham nicht so geschildert (vgl. GA 170). Die späte Schadenmeldung erkläre sich damit, daß sie aufgrund ihrer Verletzung an alles andere als an Versicherungsangelegenheiten gedacht habe (GA 73), erst der Oberarzt Dr. H.-W. der W.-W.-Klinik habe sie auf diesen Gedanken gebracht (GA 237). Die Verzögerung habe sich nicht zum Nachteil der Beklagten ausgewirkt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 234.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.4.1995 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin 540.325 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.10.1995 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie habe das behauptete Geschehen bestritten. Insbesondere das angebliche Aufschlagen auf den Metallteil des Bettes stehe im Widerspruch dazu, daß - unstreitig (vgl. GA 21) - keinerlei äußere Verletzungen vorgelegen hätten. Auch führe ein solches Aufschlagen weder zu einer Querschnittslähmung noch zu vaginalen Blutungen. Es werde bestritten, daß "ungepolsterte" Metallteile des Bettes vorhanden gewesen seien (GA 265). Solche würden dem Zeugen P. nicht verborgen geblieben sein können. Es sei nicht möglich, daß die Klägerin infolge heftiger Kopulatio...

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