Leitsatz (amtlich)
Ist zur Entstehung der Grundschuld - wie regelmäßig - deren rechtsgeschäftliche Bestellung erforderlich, bestimmt sich der Zeitpunkt, in dem die Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen müssen, nicht nach § 140 Abs. 2 InsO, wenn die dingliche Einigung ausnahmsweise der Eintragung nachfolgt; vielmehr ist gem. § 140 Abs. 1 InsO auf den Zeitpunkt der Einigung abzustellen.
Normenkette
InsO § 140 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 05.06.2014; Aktenzeichen 4 O 398/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Duisburg vom 5.6.2014 (4 O 398/13) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, die Zustimmung zur Löschung der im Teileigentumsgrundbuch des AG Oberhausen von S., Bl. X, 59/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück G1, groß 2a 94 m2, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Ladenlokal I im Erdgeschoss mit Kellerraum Nr. 6 des Aufteilungsplans, in Abteilung III zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld i.H.v. 85.000 EUR zu erteilen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.569,05 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.9.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Zustimmung zur Löschung
- der im Teileigentumsgrundbuch des AG Oberhausen von S., Bl. Y, 46/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück G 1, groß 2a 94 m2, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Ladenlokal III im Erdgeschoss mit Kellerraum Nr. 8 des Aufteilungsplans, in Abteilung III zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld i.H.v. 45.000 EUR sowie
- der im Teileigentumsgrundbuch des AG Oberhausen von S., Bl. Z, 62/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück G 1, groß 2a 94 m2, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Ladenlokal IV im Erdgeschoss mit Kellerraum Nr. 9 des Aufteilungsplans, in Abteilung III zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld i.H.v. 60.000 EUR
zu erteilen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 95.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger hat als Verwalter in dem am 3.6.2013 eröffneten Insolvenzverfahren über den Nachlass des I. L. (Schuldner) von dessen geschiedener Ehefrau die Löschung von Grundschulden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Die Grundschulden hatte der Schuldner mit gleich lautenden notariellen Urkunden vom 16.3.2006 bzw. 28.6.2006 ohne deren Wissen zugunsten der Beklagten, die ihn im Laufe der Jahre immer wieder - auch mit größeren Geldbeträgen - finanziell unterstützt hatte, bestellt (Bl. 30 ff. GA). Vorrangige Grundpfandrechte zugunsten von Kreditinstituten sind in zeitlichem Zusammenhang mit den Grundschuldbestellungen gelöscht worden. Die Beklagte hat von den Grundschuldbestellungen erst nach den Eintragungen Kenntnis erlangt. Der Kläger hält die Grundschuldbestellungen für anfechtbar und hat geltend gemacht, der Schuldner sei in dem maßgeblichen Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen, was sowohl er als auch die Beklagte gewusst hätten. Hierdurch sei der Beklagten eine inkongruente Deckung gewährt worden, da ein zu sichernder Anspruch nicht bestanden habe. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 133 Abs. 1 InsO lägen im Ergebnis nicht vor. Die Kammer gehe zwar davon aus, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt habe, da er aufgrund seiner Unfähigkeit, die laufenden Ausgaben zum Lebensunterhalt zu finanzieren, geschweige denn die massiven Verbindlichkeiten bei der Verbands-Sparkasse W. zu tilgen, zahlungsunfähig gewesen sei. Die Beklagte habe auch, wie ihr undatiertes Schreiben an den Kläger (Anl. HWH 3 = Bl. 27 ff. GA) zeige, die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass sie die Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht bei Vornahme der angefochtenen Handlung gehabt habe, da sie von der Grundschuldbestellung erst nach der Eintragung im Grundbuch Kenntnis erlangt habe, während gem. § 140 Abs. 2 InsO maßgeblicher Zeitpunkt die Abgabe der Erklärung des Schuldners gewesen sei, weil zu diesem Zeitpunkt dessen Bindung an die Erklärung eingetreten sei. Auf eine Zustimmung oder Annahme der Erklärung seitens der Beklagten sei nicht abzustellen, denn den Vorteil gegenüber den anderen Gläubigern habe die Beklagte bereits mit der Eintragung der Grundschulden, die wirksam durch einseitige Erklärung des Bestellers begründet ...