Leitsatz (amtlich)
Der behauptete Diebstahl eines 12 Jahre alten, mit Wegfahrsperre nachgerüsteten Pkw der Oberklasse, der einen Wiederbeschaffungswert von 10.000 DM haben und von einem nicht vorhersehbaren Abstellort gestohlen worden sein soll, ist mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht, wenn der Versicherungsnehmer und seine Ehefrau, die in eher beengten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, Eigentümer einer Reihe von Altfahrzeugen sind, mit denen sie in zweieinhalb Jahren mehr als zehn auf Gutachtenbasis abgerechnete, „privat” behobene Verkehrsunfallschäden erlitten haben.
Normenkette
AKB § 12 1. I. b)
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 157/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.12.2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf eine Kaskoentschädigung gem. §§ 1, 49 VVG i.V.m. § 12 1. I. b) AKB zu, weil er nicht den Vollbeweis dafür erbracht hat, dass ihm sein in der Nähe der Diskothek „S.” geparkter BMW 750i in der Nacht vom 4. auf den 5.9.1999 in Dortmund gestohlen worden ist.
1. Entgegen der Auffassung des LG können dem Kläger die mit dem Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung verbundenen Beweiserleichterungen allerdings nicht schon deshalb vorenthalten werden, weil Zweifel an seiner Redlichkeit bestehen. Denn die in der Kaskoversicherung gewährten Beweiserleichterungen beruhen auf einer materiell-rechtlichen Risikozuweisung, die nicht von der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers abhängig ist (BGH VersR 1999, 1535 [1536]). Daraus folgt: Hat der Versicherungsnehmer das äußere Bild bewiesen, so kommt es in diesem Stadium der Anspruchsprüfung auf seine Glaubwürdigkeit nicht mehr an (BGH VersR 1999, 1535 [1536]). Gleichwohl erweist sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als richtig. Denn den Vollbeweis eines Diebstahls muss der Kläger jedenfalls deshalb führen, weil eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung der Entwendung besteht (Römer, NJW 1996, 2329 [2332] m.w.N.). Dazu ist er indes nicht im Stande.
2. Ein bei der gebotenen Gesamtschau besonders ins Gewicht fallendes Vortäuschungsindiz ist die Unredlichkeit des Klägers (vgl. dazu Römer, NJW 1996, 2329 [2333]). Für diese spricht hier vor allem, dass seine Ehefrau und er schon in der Vergangenheit durch zahlreiche Autounfälle auffällig geworden sind. Dass der Kläger vom 18.1.1996 bis zum 2.8.1998, also in einem Zeitraum von gerade einmal zweieinhalb Jahren, neun Verkehrsunfälle erlitten hat, lässt sich nämlich mit Pech allein nicht mehr erklären, zumal im selben Zeitraum noch weitere Schadensfälle in seiner Familie und in seinem Bekanntenkreis hinzugekommen sind. Ähnliches ist seiner Ehefrau widerfahren, die er bezeichnenderweise auch durch einen gemeinsamen Unfall kennen gelernt haben will. Denn kaum dass sich beide kannten, wurde sie binnen Jahresfrist gleich Opfer von zwei weiteren (von insgesamt vier) Unfallereignissen. Nimmt man hinzu, dass der Kläger und seine Ehefrau eine ganze Reihe verschiedener Altautos ihr Eigen nannten, obwohl sie sich – unstreitig – ansonsten in eher beengten wirtschaftlichen Verhältnissen bewegten, und dass praktisch alle Unfallschäden, für die der Kläger Schadensersatz von den Haftpflichtversicherern der Unfallgegner verlangt hat, – allenfalls mit einer Ausnahme – auf Gutachtenbasis abgerechnet und „privat” behoben wurden, lässt das allein den Schluss zu, dass beide von inszenierten Versicherungsfällen gelebt haben. Insofern kann daher auch nicht überraschen, dass die Ehefrau des Klägers nur kurze Zeit nach ihm gleichfalls Opfer eines Kfz-Diebstahls geworden sein soll.
Ebenso lässt auf die Unredlichkeit des Klägers schließen, dass er sich bisher nachdrücklich geweigert hat, die TÜV-Prüfstelle zu benennen, bei der die letzte Hauptuntersuchung seines BMW vorgenommen worden ist. Die von ihm dafür gegebene Begründung, das Fahrzeug sei von dem Bekannten einer ehemaligen Freundin, an deren vollständigen Namen und Anschrift er sich nicht mehr erinnern könne, beim TÜV vorgestellt worden, hält der Senat – mit dem LG – für frei erfunden.
3. Der dadurch geweckte ernsthafte Verdacht verdichtet sich zur erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung, weil der angeblich entwendete BMW alles andere als eine attraktive Diebesbeute war, auf die professionelle Täter ihr Augenmerk richten. Zwar handelte es sich bei dem Kfz um einen wertvollen Wagen mit einem Neukaufpreis von über 100.000 DM. Zum angeblichen Tatzeitpunkt im September 1999 war es aber schon beinah 12 Jahre alt. Der Kläger selbst beziffert seinen Wiederbeschaffungswert nur noch mit (ohne Stereoanlage) 10.000 DM. Der Schwarzmarktwert als gestohlenes Fahrzeug muss daher noch deutlich geringer angesetzt werden. Dass sich Profis zur Entwendung eines solchen Altfahrzeugs, d...