Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtige Operationsmethode bei einem Carpaltunnelsyndrom
Leitsatz (amtlich)
Liegt bei einem Carpaltunnelsyndrom bereits eine erhebliche Läsion des Nervus medianus vor, ist als Operationsmethode eine offene Carpalbandspaltung indiziert; ein endoskopisches Vorgehen ermöglicht nicht die erforderliche Dekompression des Nerven.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 27.11.2002; Aktenzeichen 11 O 6/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.11.2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die am 3.5.1927 geborene Klägerin litt im Jahre 1997 unter einem Carpaltunnelsyndrom der rechten Hand. Auf Anraten des Beklagten, eines niedergelassenen Neurochirurgen, entschloss sie sich, die Kompression des Nervus medianus operativ beseitigen zu lassen. Unter dem 5.2.1997 unterzeichnete die Patientin ein Schriftstück, in dem auf folgende Risiken des operativen Eingriffs hingewiesen wird: "Infektion, Nachblutung, Verletzung des Arterienkranzes der Mittelhand, Causalgie". Am 28.2.1997 nahm der Beklagte in örtlicher Betäubung ohne Anlage einer Oberarmblutsperre eine offene Spaltung des Ligamentum carpi transversum mit Freilegung des Nervus medianus rechts vor. Anschließend wurde eine dorsale Unterarm-Scotchcastschiene angelegt. Am 4. und 7.3.1997 wurden Verbandwechsel vorgenommen; am 13.3.1997 entfernte der Beklagte die Wundfäden; in der Dokumentation wird die Wunde an diesem Tag als reizlos beschrieben. Am 17.3.1997 suchte die Klägerin den Beklagten erneut auf; in den Behandlungsunterlagen ist unter diesem Datum "Wiedervorstellung" notiert. Am 20.3.1997 verordnete der Beklagte der Patientin eine erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP) und vermerkte erneut einen reizlosen Zustand der Wunde. Die Klägerin suchte den Beklagten danach nicht mehr auf, sondern begab sich am 24.3.1997 in die Behandlung des praktischen Arztes und Sportmediziners Dr. H., der sie zu einer Röntgenuntersuchung der rechten Hand an den Radiologen Dr. S. überwies. Dieser gelangte bei der Beurteilung der am 24.3.1997 angefertigten Röntgenaufnahme zu dem Ergebnis, dass keine Anhaltspunkte für eine Sudeck'sche Knochendystrophie bestünden. Am 26.3.1997 wurde die Klägerin von Dr. H. stationär in das St. B.-H. in D.-H. eingewiesen, wo eine "Algodystrophie" diagnostiziert wurde. Die Patientin wurde mit schmerzstillenden Medikamenten versorgt; außerdem wurde eine intensive krankengymnastische und ergotherapeutische Behandlung eingeleitet. Auf Veranlassung der Ärzte des St. B.-H.s wurde durch den Neurologen Dr. S., der auch die neurologischen Untersuchungen vor dem Eingriff vom 28.2.1997 vorgenommen hatte, ein Kontrollelektroneurogramm durchgeführt; nach dem Arztbericht des St. B.-H.s vom 12.6.1997 zeigte sich dabei noch eine bestehende Läsion des Nervus medianus am Handgelenk; der ENG-Befund hatte sich im Vergleich zur Vorableitung vom 21.1.1997 gebessert; bei dem EMG-Befund war eine leichte Besserung festzustellen. Am 14.4.1997 wurde die Klägerin aus der Klinik entlassen; zu diesem Zeitpunkt bestand noch ein Fingerkuppenhohlhandabstand der Finger 2 bis 5 in einer Größenordnung von 3,5/3,5/3/3,5 cm. An den Fingermittelgelenken der Finger 2 bis 5 war ein Streckdefizit von 20/20/25/20 Grad vorhanden.
Unter dem 19.3.1998 erstattete der Chirurg Prof. Dr. B. auf Veranlassung der Anwälte der Klägerin ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, das operative Vorgehen des Beklagten sei nicht sachgerecht gewesen; auch habe der Beklagte postoperativ das Auftreten eines Morbus Sudeck verkannt. Am 26.3.1998 unterzog die Patientin sich im St. B.-H. einem weiteren Eingriff, bei dem ein Carpaltunnelsyndrom der linken Hand durch eine endoskopische Carpalbandspaltung beseitigt wurde. Im Januar 1999 wurde die Klägerin in der Orthopädischen Universitätsklinik H. durch den Leiter der Sektion Hand- und Mikrochirurgie Prof. Dr. M. untersucht; der Gutachter kam aufgrund der Darstellung der Patientin, dass bereits kurz nach der Operation vom 28.2.1997 eine Schwellung der Hand und der Finger aufgetreten sei, zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die Anzeichen für die Entstehung einer "Algodystrophie" nicht erkannt habe.
Die Klägerin macht Ersatzansprüche geltend. Sie hat vorgetragen, der Eingriff vom 28.2.1997 sei nicht fachgerecht durchgeführt worden. Auch die postoperative Behandlung sei fehlerhaft erfolgt; obwohl sich bei den jeweiligen Verbandwechseln eine Schwellung der Hand gezeigt und sie, die Patientin, über starke Beschwerden geklagt habe, habe der Beklagte diese Anzeichen für die Entwicklung eines Morbus Sudeck verkannt und es unterlassen, rechtzeitig eine diesbe...