Normenkette
ZPO § 184 Abs. 1 S. 2, § 185 Nr. 3, §§ 189, 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4a O 83/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts vom 29.11.2023 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 1 726 633 B1 auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.
Am 25.09.2020 erhob die Klägerin die vorliegende Klage (Bl. 1 ff. GA LG). Das Landgericht erließ am 05.10.2020 neben der prozessleitenden Verfügung (Bl. 36 ff. GA LG) einen Beschluss, durch den der Beklagten gemäß § 184 ZPO aufgegeben wurde, binnen eines Monats einen Zustellungsbevollmächtigten in der Bundesrepublik Deutschland zu benennen (Bl. 32 f. GA LG). Am 06.10.2020 leitete das Landgericht - unter Beifügung entsprechender chinesischer Übersetzungen - durch einen Antrag auf Zustellung eines gerichtlichen Schriftstücks im Ausland an die Rechtshilfeabteilung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen die Auslandszustellung der Klageschrift, der prozessleitenden Verfügung und des Beschlusses nach § 184 ZPO an die Beklagte in China ein (vgl. Bl. 38 GA LG).
Anfragen des Landgerichts nach dem Sachstand des Zustellungsverfahrens blieben im Jahr 2021 erfolglos (vgl. Bl. 37 Rückseite GA LG). Mit Schriftsatz vom 04.01.2022 (Bl. 64 ff. GA LG) beantragte die Klägerin die öffentliche Zustellung der Klage. Mehrere gerichtliche Sachstandsanfragen an das chinesische Justizministerium über das Bundesamt für Justiz sowie die deutsche Botschaft in China blieben auch im Jahr 2022 erfolglos (vgl. Bl. 62 Rückseite GA LG). Mit Schriftsatz vom 27.07.2022 wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf öffentliche Zustellung der Klageschrift (Bl. 73 f. GA LG). Im Oktober 2022 erhielt das Landgericht eine offizielle Mitteilung ("certificate") der zuständigen chinesischen Behörde, datiert auf den 06.04.2021, dass die Zustellung fehlgeschlagen und die Beklagte unter der angegebenen Adresse nicht zu finden gewesen sei ("No such company at the address provided. The recipient could not be found without more contact details.", vgl. Bl. 78 ff. GA LG).
Der auf dem Zustellungsersuchen angegebene Name und die Adresse der Beklagten stimmen mit der auf ihrer eigenen Internetseite www.A.cn angegebenen chinesischen Schreibweise überein. Die Klägerin ließ die angegebene Adresse mit Hilfe eines Taxifahrers kontrollieren und konnte bestätigen, dass sich dort - insoweit auch unstreitig - das Firmengelände der Beklagten befindet. Mit Schriftsatz vom 03.11.2022 (Bl. 87 ff. GA LG) beantragte die Klägerin erneut, die öffentliche Zustellung der Klage zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 04.11.2022 (Bl. 93 f. GA LG) bewilligte das Landgericht die öffentliche Zustellung der Klageschrift, der prozessleitenden Verfügung und des Beschlusses nach § 184 ZPO. Die Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung wurde vom 11.11.2022 bis zum 13.12.2022 an der Gerichtstafel des Landgerichts Düsseldorf ausgehängt. Eine Verteidigungsanzeige der Beklagten ging innerhalb der hierzu gesetzten Frist von einem Monat nach Zustellung der Klageschrift (vgl. prozessleitende Verfügung vom 05.10.2020, Bl. 36 ff. GA LG) nicht ein.
Durch Versäumnisurteil vom 21.02.2023 (Bl. 102 ff. GA LG) verurteilte das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und zum Rückruf und stellte die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach fest. Die Adresse der Beklagten ist in dem Versäumnisurteil mit "B, vertreten durch ihren Geschäftsführer, C" angegeben. An diese Adresse veranlasste das Landgericht am 22.02.2023 die Zustellung des Versäumnisurteils durch Aufgabe zur Post (vgl. Bl. 120 f. GA LG).
Mit Schriftsatz vom 24.02.2023 (Bl. 126 ff. GA LG) beantragte die Klägerin die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils. Durch Verfügung vom 27.02.2023 teilte das Landgericht der Klägerin mit, dass es einer öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils seines Erachtens nach nicht bedürfe, da das Versäumnisurteil der Beklagten wirksam nach § 184 ZPO durch Aufgabe zur Post habe zugestellt werden können.
Mit Schriftsatz vom 03.11.2023 (Bl. 156 f. GA LG) haben sich für die Beklagte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten bestellt und auf Antrag zunächst Akteneinsicht erhalten. Mit Schriftsatz vom 07.11.2023 (Bl. 163 ff. GA LG) haben sie sodann für die Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt, wobei sie im Hinblick auf die Einspruchsfrist hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt haben.
Die Beklagte hat behauptet, erstmals am 24.10.2023 durch eine chinesische Pressemitteilung der Klägerin Kenntnis von dem hiesigen Verfahren erlangt zu h...