Verfahrensgang
LG Kleve (Entscheidung vom 09.02.2005) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) und 3) wird das am 9. Februar 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1), 3) und 4) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 300.000 EUR (als Schmerzensgeldkapital) nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Mai 2000 sowie ab dem 2. Mai 2000 monatlich 300 EUR (als Schmerzensgeldrente) zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 3) und 4) verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche infolge der im Krankenhaus der Beklagten zu 1) durchgeführten fehlerhaften Behandlung am 20. August 1998 noch entstehenden materiellen und zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht gemäß § 116 SGB X auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist oder übergeht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 52 % und die Beklagten zu 1), 3) und 4) als Gesamtschuldner zu 48 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 5) trägt die Klägerin in vollem Umfang, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 3) und 4) trägt sie zu 20 %. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 48 %; im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 20 % der Klägerin und zu 80 % den Beklagten zu 1), 3) und 4) als Gesamtschuldnern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1), 3) und 4) dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Klägerin darf die Zwangsollstreckung der Beklagten zu 1), 3) und 4) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Gründe
A.
Die Mutter der Klägerin wurde am Morgen des 18.08.1998 stationär in der Frauenklinik der Beklagten zu 1), die von dem früheren Beklagten zu 2) geleitet wurde, wegen einer vermuteten Terminüberschreitung von 8 Tagen (Geburtstermin 10.08.1998) aufgenommen. Nach der Aufnahme erfolgte eine CTG-Kontrolle, die als unauffällig beurteilt wurde. Der bei der Beklagten zu 1) tätige Arzt Dr. H. führte sodann eine vaginale Untersuchung und später eine Ultraschalluntersuchung durch. Aufgrund der Terminüberschreitung wurde ein Oxytozinbelastungstest (OBT) angeordnet, der als unauffällig befundet wurde. Um 13.30 Uhr begab die Patientin sich auf die Station; gegen 14.30 Uhr und 18.00 Uhr wurden dort weitere CTG-Ableitungen sowie - um 18.00 Uhr - eine erneute vaginale Untersuchung vorgenommen. Am 19.08.1998 wurde um 9.00 Uhr - nach Erhebung des vaginalen Befundes (Portio knapp 1/3, Muttermund Fingerkuppe einlegbar VT Kopf -4) - die Einleitung der Geburt mit der Einlage einer Prostaglandin-Vaginaltablette begonnen. Nach einer weiteren Untersuchung des Muttermundes (Status idem) wurde am frühen Nachmittag des gleichen Tages die Einlage wiederholt, da sich der Befund nur unwesentlich verändert hatte. Die CTG-Kontrollen unter Prostaglandin wurden um 14.30 "o.B." beurteilt. Gegen 20.00 Uhr, als die Beklagte zu 4) ihren Dienst als Hebamme antrat, war der Muttermund auf 2 cm eröffnet, die Portio war fast verstrichen, der Kopf befand sich über dem Beckeneingang. Um 21.00 Uhr kam es nach den Eintragungen der Beklagte zu 4) in das Geburtsprotokoll zu einem Blasensprung mit Abgang von leicht grünem Fruchtwasser. Das CTG befundete die Beklagte zu 4) zu diesem Zeitpunkt als undulatorisch. Am 20.08.1998 um 0.15 Uhr begab sich die Patientin zur Entspannung in die Geburtswanne. Um 1.30 Uhr war der Muttermund auf 5 cm eröffnet, der Kopf tief und fest im Beckeneingang. Das CTG wurde von der Beklagten zu 4) als undulatorisch mit regelmäßigen Wehen alle 2 Minuten beschrieben. Eine halbe Stunde später wurde Muttermund auf 7 cm eröffnet beurteilt, der Kopf stand im II. schrägen Durchmesser. Die Beklagte zu 4) schlug der Mutter der Klägerin eine Wassergeburt vor, der diese zustimmte. Um 3.30 Uhr wurde der Beklagte zu 4) zu der Geburt hinzugerufen. In den Behandlungsunterlagen heißt es sodann:
"3.30
Pat. ist in der Geburtswasserwanne, Unterwassergeburt versucht, Kopf im BA steht, CTG-Herzmuster undulatorisch, gute Wehentätigkeit, Episiotomie.
4.00
Trotz regelmäßigen Pressens kein Geburtsfortschritt. Pat. wird aus der Wanne ins Bett umgelagert, CTG-Herzmuster Dezelerationen, die sich immer erholen.
4.22
Spontangeburt eines reifen und asphyktischen Mädchens, Apgar 4/5/7. Das Kind erholt sich zunehmend nach Absaugen und O2-Gabe. Der Kinderarzt Dr. O. wird sofort zugerufen und ist bei de...