Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 07.02.1990; Aktenzeichen 17 O 399/89) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 7. Februar 1990 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer des Hausgrundstücks …. Der Beklagten gehört das im Osten angrenzende Grundstück …, auf dem sie im Jahre 1989 eine Halle für ihren medizinisch-technischen Handelsbetrieb errichtet hat. Sie hat die westliche Wand mit weißer Farbe anstreichen lassen. Die Entfernung zwischen der Westwand der Halle und der Grenze zum Grundstück der Kläger beträgt mindestens 6 m, diejenige zwischen der Ostwand des Hauses der Kläger und der Grenze zum Grundstück der Beklagten 2 m. Im östlichen Teil des Hauses der Kläger ist ihr Wohnzimmer eingerichtet. Es hat zwei Fenster, eines in der zur Grundstücksgrenze gerichteten Ostwand und eines in der Südwand des Hauses.
Die Kläger haben geltend gemacht: Von der „grellweiß” gestrichenen Wand der Halle der Beklagten gehe eine übermäßig starke Blendwirkung aus. Wenn man an dem in der Ostwand ihres Hauses gelegenen Wohnzimmerfenster stehe, könne man nichts sehen. Deshalb könne das Wohnzimmer tagsüber nicht genutzt werden.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Blendwirkung der „grellweiß” gestrichenen Wand ihres Betriebsgebäudes zu beseitigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt: Der Anstrich der Wand ihres Betriebsgebäudes und eine möglicherweise auftretende Blendwirkung bedeuteten nicht eine Einwirkung auf das Grundstück der Kläger; eine solche sei allenfalls unwesentlich.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil vom 7. Februar 1990 wird Bezug genommen.
Die Kläger haben Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgen und hilfsweise beantragen die Beklagte zu verurteilen, die Blendwirkung durch einen aufgelockerten Farbanstrich, der wesentlich dunkler sei als eine weiße Farbe und/oder durch eine Bepflanzung zu beseitigen. Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr früheres Vorbringen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Der von den Klägern mit ihrem Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet:
1.
Auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB können die Kläger ihr Beseitigungsverlangen nicht mit Erfolg stützen.
Voraussetzung dafür wäre, daß von der weiß gestrichenen Westwand der Halle der Beklagten eine Einwirkung auf das Grundstück der Kläger ausgehen würde. Dafür lassen sich aus dem Vorbringen der Kläger tatsächliche Anhaltspunkte nicht entnehmen. Die Wand verstößt nicht gegen nachbarrechtliche Bestimmungen. Soweit sich die Kläger durch den Anblick der weiß gestrichenen Wand in ihrem ästhetischen Empfinden gestört fühlen, rechtfertigt dies nicht den geltend gemachten Anspruch. Denn bloße immaterielle Beeinträchtigungen kann der Nachbar grundsätzlich nicht abwehren (vgl. dazu BGHZ 95, 307 ff = NJW 1985, 2823, 2824).
Die Beseitigung einer bei Sonneneinstrahlung möglicherweise von der Westwand ausgehenden Blendung können die Kläger nicht beanspruchen. Denn eine Blendung wirkt sich nicht unmittelbar auf ihr Grundstück aus. Dem steht zwar nicht entgegen, daß es sich nicht um „festkörperliche” Immissionen handelt; denn der Eigentümer kann unter Umständen auch die Zuführung der in § 906 Abs. 1 BGB genannten sogenannten unwägbaren Stoffe verbieten. Voraussetzung für einen Eigentumsstörungsanspruch ist aber jedenfalls und stets, daß es sich um von dem Nachbargrundstück ausgehende und die Grenze überschreitende im allgemeinen sinnlich wahrnehmbare Beeinträchtigungen handelt (vgl. BGH a.a.O. und NJW 1984, 729 m.w.N.). Denn jeder Eigentümer kann grundsätzlich mit seinem Grundstück nach Belieben verfahren. Nur dann, wenn eine Benutzung seines Grundstücks zu einer grenzüberschreitenden Beeinträchtigung des Nachbarn führt, muß das Benutzungsrecht hinter dem Ausschließungsrecht des Nachbarn zurücktreten. Eine Benutzung, die sich innerhalb der Grenzen des eigenen Grundstücks hält, ist zulässig und nicht verbietbar. An einer solchen grenzüberschreitenden Einwirkung fehlt es hier.
Im übrigen wäre eine in der Blendwirkung liegende Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger nicht von der Beklagten zu vertreten. Denn mag auch eine möglicherweise wahrnehmbare Blendwirkung mittelbar durch den weißen Anstrich der Wand verursacht sein, so wird die Blendung aber unmittelbar bewirkt dadurch, daß bei Sonnenschein die Strahlung von der Wand reflektiert wird. Für eine Störung des Eigentümers, die bei einer berechtigten Benutzung des Nachbargrundstücks durch das Walten von Naturkräften herbeigeführt wird, hat der Nachbar nicht einzustehen (vgl. dazu auch Dehner Nachbarrecht im Bundesgebiet 6. Aufl., § 38 I 2 s. 741, 742). ...