Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, die vom Glasdach des Gebäudes Münchener Straße 4–6, 60329 Frankfurt am Main ausgehende und am gegenüberliegenden Gebäude Münchener Straße 1, 60329 Frankfurt am Main auftretende Blendwirkung zu unterbinden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 520.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Sicherheit durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten als Eigentümerin des Gebäudes Münchener Straße 4–6 in 60329 Frankfurt am Main Beseitigung von Blendwirkungen, die behauptetermaßen vom Glasdach des Hauses der Beklagten ausgehen.
Beide Gebäude liegen in Frankfurt am Main an der Münchener Straße. Die Münchener Straße zieht sich vom Willi-Brandt-Platz in westlicher Richtung bis zum Hauptbahnhof. Nördlicher Anlieger ist das Gebäude der Beklagten, südlich direkt gegenüber liegt das Gebäude der Klägerin. Hinsichtlich der Örtlichkeit wird auf das Bild Nr. 1 (Bl. 85 d. A.) verwiesen. Das Dach des Hauses der Beklagten ist derartig ausgestaltet, daß über zwei Geschosse ein halbrundes Glasdach, bestehend aus einer Vielzahl einzelner Glasscheiben, angebracht ist. Diese Situation gibt das Bild Nr. 2 auf Bl. 85 d. A. wieder.
Die Klägerin behauptet, von diesem Glasdach würden bei Sonnenschein und bei wechselnder Bewölkung Blendwirkungen ausgehen, die die ungestörte Nutzung ihrer Büroräume im Hause Münchener Straße 1 beeinträchtigen würden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die vom Glasdach des Gebäudes in Frankfurt am Main, Münchener Straße 4–6, ausgehende und am gegenüberliegenden Gebäude Münchener Straße 1 auftretende Blendwirkung zu unterbinden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet die Blendwirkung und ist der Auffassung, daß sie für Naturerscheinungen nicht in Anspruch genommen werden könne; darüber hinaus würde es sich nicht um eine wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung der Klägerin handeln.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten und vorgetragenen Schriftsätze sowie auf die überreichte Lichtbildmappe verwiesen.
Gemäß Beschluß vom 26.06.1995 ist Beweis erhoben worden über die Behauptung der Blendwirkungen durch Einvernahme eines Augenscheins. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 28.06.1995 (Bl. 78–80 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat aus § 1004 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der von dem Glasdach ausgehenden Einwirkungen.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß die Behauptung der Klägerin über die vom Glasdach ausgehende Blendwirkung zutreffend ist. Hierfür bedurfte es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens. Denn die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, daß für die Feststellung einer Beeinträchtigung das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks maßgebend ist. Zu einem solchen Durchschnittsbenutzer zählt auch der erkennende Richter.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß bei Sonnenschein von dem Glasdach am Haus der Beklagten Blendungen in Richtung des Hauses der Klägerin ausgehen. Diese Blendungen sind nicht vergleichbar mit den normalen Blendungen von Fensterglas, auf das das Sonnenlicht trifft. Vielmehr wird durch das Glasdach das Sonnenlicht gleichsem bebündelt und in einem Strahl wieder abgegeben. Die Blendwirkung entspricht einer, wie die Klägerin es umschrieben hat, Jupiterlampenstrahlung. Diese Blendung führte, jedenfalls bei der Augenscheinseinnahme, zu Augenschmerzen, wenn sie unvermittelt auf die Augen traf.
Bei dieser Blendung handelt es sich um eine Einwirkung im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB.
Auch Blendungen, die von einem Objekt des störenden Grundstücks ausgehen, stellen dem Grunde nach Einwirkungen auf das beeinträchtigte Grundstück dar. Unter Einwirkung ist dabei alles das zu verstehen, was die ungehinderte Nutzung des Grundstücks seinem bestimmungsgemäßen Zweck nach beeinträchtigt. Die Räume der Klägerin, die als Büroräume genutzt werden, werden daher durch die Blendwirkung in ihrer Nutzung eingeschränkt, denn die dort arbeitenden Mitarbeiter der Klägerin müssen nicht nur ihre Sitzpositionen zu ändern versuchen, um den Blendungen auszuweichen, sie sind auch bei ihrer Arbeit in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt. Auch das konnte bei der Augenscheinseinvernahme festgestellt werden.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die Blendung durch Naturereignisse hervorgerufen wird. Das von der Beklagten zitierte Urteil des OLG Düsseldorf stützt diese Auffassung nicht. Zum einen übersieht die zitierte Entscheidung, daß eine Blendung sehr wohl grenzüberschreitenden Charakter hat; wenn es diesen nicht haben würde, würde auf dem Nachbargrundstück dieser Effekt nicht eintreten (vgl. auch die Entscheidungen OVG ...