Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.06.1996; Aktenzeichen 11 O 54/96) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. Juni 1996 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.439 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 1996 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer Diebstahlsentschädigung in Höhe von 12.439,00 DM aus dem Hausratsversicherungsvertrag der Parteien, dem unstreitig die VHB 84 zugrundeliegen, zu. Denn die Beklagte ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls vom 25. April 1995 nach § 61 VVG leistungsfrei.
1. Die grundsätzliche Eintrittspflicht der Beklagten für den Diebstahl des Pilotenkoffers des Klägers, in dem sich eine wertvolle Uhr, Dokumenten- und Visitenkartenmappen und ein Lederringbuch befanden, ergibt sich aus dem Hausratsversicherungsvertrag i.V.m. §§ 1 Nr. 1; 5 Nr. 1 b VHB 84. Denn dem Kläger sind die zuvor erwähnten Gegenstände unstreitig durch bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahl in der Weise entwendet worden, daß der Dieb in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis aufgebrochen hat. Behältnis in diesem Sinne ist auch ein Kraftfahrzeug (vgl. OLG Saarbrücken RuS 1995, 108; VersR 1996, 580; Martin, Sachversicherungsrecht, 2. Aufl. D VI Anm. 2). Das Aufbrechen des PKW geschah in einem Parkhaus, das gemäß § 12 Nr. 1 VHB im Rahmen der „Außenversicherung” mitversicherter Ort war.
2. Die Beklagte ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 61 VVG leistungsfrei.
a) Voraussetzung dafür ist nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat angeschlossen hat, zunächst, daß der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten – Tun oder Unterlassen – den als vertragsgemäß vorausgesetzten Standard an Sicherheit gegenüber der Diebstahlsgefahr deutlich unterschritten hat (vgl. BGH RuS 1997, 123; VersR 1996, 621; 1996, 576; 1989, 141).
Für ein solches Fehlverhalten spricht im vorliegenden Fall einiges. Denn die Gefahr eines Diebstahls ist erfahrungsgemäß deutlich erhöht, wenn im Innenraum eines PKW stehlenswert erscheinende Gegenstände von außen sichtbar liegen. Dies kann nämlich potentielle Täter leichter veranlassen, ins Wageninnere, das weniger geschützt ist als der Kofferraum, einzudringen und diese Gegenstände zu entwenden. Läßt ein Versicherungsnehmer derartige Gegenstände in einem PKW unter Umständen zurück, die einen Diebstahl nach Örtlichkeit, Tageszeit und ähnlichem nahelegen, so wird regelmäßig der vereinbarte Sicherheitsstandard deutlich unterschritten sein (vgl. BGH VersR 1989, 142).
Es spricht hier viel dafür, daß Gegenstände, die sich in einem auf der vierten Etage eines Parkhauses abgestellten PKW Marke BMW befinden, geeignet sind, Diebe anzulocken und zu einem Einbruch in das Fahrzeug zu verleiten. Denn das Risiko, in einem Parkhaus bei einer solchen Straftat entdeckt zu werden, ist gering, weil die Annäherung eines anderen Fahrzeugs mit Insassen leicht zu bemerken ist und sich ein Täter vorübergehend verhalten kann, als mache er sich an seinem eigenen Fahrzeug zu schaffen. Daran ändert auch nichts die Videoüberwachung in jenem Parkhaus, weil sie nur im Bereich der Ein- und Ausfahrt erfolgt.
Ferner dürfte die Erkennbarkeit des hinter den Fahrersitz gestellten Pilotenkoffers des Klägers nicht zu verneinen sein. Zwar ist dem Kläger nicht zu widerlegen, daß der Koffer mit Geschäftspapieren und Firmenprospekten belegt und abgedeckt war. Dies hat die für das Gegenteil beweispflichtige Beklagte (vgl. BGH VersR 1986, 962, 963) unzulässigerweise nur mit Nichtwissen bestritten. Indessen kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, daß der unbekannte Einbrecher unter den Geschäftspapieren stehlenswerte Gegenstände vermuten, oder gar den Pilotenkoffer erkennen konnte. Dies kann aber letztlich auf sich beruhen.
b) Denn Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG setzt auch voraus, daß sich der Versicherungsnehmer bei der Herbeiführung des Versicherungsfalls grob fahrlässig verhalten hat. Das bedeutet, daß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten in hohem Maße außer Acht gelassen worden ist. Es muß sich auch in subjektiver Hinsicht um einen gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden handeln. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn das Nächstliegende, das was jedem in der gegebenen Situation einleuchtet, außer Acht gelassen wird (vgl. BGH VersR 1989, 142; 1986, 963).
Jedenfalls daran fehlt es im Entscheidungsfall. Mag zwar das Zurücklassen eines wertvollen Pilotenkoffers mit noch wertvollerem, den Wert von 10.000,00 DM übersteigenden Inhalt in einem Parkhaus der Innenstadt einen groben Sorgfaltsverstoß darstellen, so feh...