Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 26.07.2013)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 26.7.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 125.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Selbstverwaltungsorganisation der in Z. zugelassenen Rechtsanwälte. Die Beklagte ist die Holdinggesellschaft eines international tätigen Versicherungskonzerns. Sie unterhält unter "www.X.de" einen Internetauftritt. Im Menüpunkt "Über X" findet sich die Rubrik "Versichern heißt verstehen", die sich wiederum in mehrere Unterseiten unterteilt, von denen eine mit "X Kundenanwalt" bezeichnet ist. Dort wird unter der Überschrift "Der X Kundenanwalt" ausgeführt:

" Unser Ziel: Gerechtigkeit

(...) Sie fühlen sich durch eine Entscheidung oder Leistung ungerecht behandelt? Sie konnten mit einer Beschwerde kein für Sie nachvollziehbares Ergebnis erzielen? Der X Kundenanwalt ist die Stimme der Kunden im Unternehmen. Er und sein Team kümmern sich innerhalb X um Ihr Anliegen und setzen sich für Klärung und Schlichtung ein."

Auf der Seite befindet sich eine mit "Arbeitsweise des X Kundenanwalts" beschriftete Schaltfläche. Über diese gelangt der Kunde zu einer weiteren Seite, die mit "Arbeitsweise des X Kundenanwalts" überschrieben ist und auf der einleitend ausgeführt wird:

" Der X Kundenanwalt möchte Kunden in Konfliktfällen helfen. Daher sieht die X Versicherungsgruppe für die Schlichtungsfunktion ihres Kundenanwalts einige Regeln vor."

Es folgt ein längerer, zweispaltiger Fließtext in dessen Ziff. 3. unter "Arbeit des X Kundenanwalts" die nachfolgend wiedergegebene Erläuterung erfolgt:

" Der X Kundenanwalt ist kein Rechtsanwalt und wird auch nicht rechtsberatend tätig. Er ist ein erfahrener Mitarbeiter der X Versicherungsgruppe AG."

Wegen des Aufbaus der Seiten und der weiteren Einzelheiten wird auf die im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung wiedergegebenen Ausdrucke Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Kundenanwalt" in der Werbung wie auf den wiedergegebenen Seiten geschehen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Werbung sei irreführend; der Verkehr nehme an, der "Kundenanwalt" sei ein Rechtsanwalt. In dieser Erwartung werde er noch durch Begriffe wie "Gerechtigkeit", "Klärung" und "Schlichtung" bestärkt. Der Hinweis im Fließtext sei zur Vermeidung einer Irreführung nicht ausreichend.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, die landgerichtliche Auffassung zum Verkehrsverständnis von "Kundenanwalt" sei rechtsfehlerhaft. Es handele sich um einen Phantasiebegriff, ein "Kundenrecht", auf das sich Rechtsanwälte spezialisieren könnten, bestehe es nicht; ein allgemeines Verkehrsverständnis, wonach "Anwalt" mit "Rechtsanwalt" gleichgesetzt werde, gebe es nicht. Es komme nicht auf das Verständnis einer juristisch geschulten Minderheit an, sondern auf das der überwiegenden Anzahl der Durchschnittsverbraucher, denen Rechtsbegriffe nicht geläufig seien. Hierzu habe sie erstinstanzlich die Einholung eines Verkehrsgutachtens angeboten. Der Durchschnittsverbraucher sei inzwischen daran gewöhnt, dass ihm ein "Anwalt" auch im Zusammenhang mit einer internen Service- und Beschwerdeeinrichtung begegne. So werbe auch die Y-Bank mit einem "Kundenanwalt" und der WDR mit einer "Zuschaueranwältin"; der Vorsitzende des Bundes der Versicherten werde als "Verbraucheranwalt" bezeichnet. Dass es sich bei dem X Kundenanwalt nicht um einen Rechtsanwalt handele, stelle sie zudem in einem Hinweis klar. Der Verbraucher nehme die Darstellung in ihrer Gesamtheit wahr, eine Überschrift sei keine Blickfangwerbung. Zudem verdeutlichten bereits die einleitenden Formulierungen "im Unternehmen" und "innerhalb X", dass es sich beim X Kundenanwalt nicht um ein unabhängiges Organ der Rechtspflege handeln könne.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Düsseldorf vom 26.7.2013 - 34 O 8/13, die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zu Recht habe das LG angenommen, der Begriff "Kundenanwalt" erwecke den Eindruck, es handele sich um einen unabhängigen Rechtsanwalt, der den Kunden gegenüber Dritten oder gegenüber der Beklagten selbst vertrete. "Kundenanwalt" sei auch kein Phantasiebegriff, sondern werde als Rechtsanwalt, der ausschließlich Kunden vertritt, verstanden. So werde von entsprechend positionierten Rechtsanwälten die eigene Tätigkeit mit Begriffen wie "Opferanwalt", "Verbraucheranwalt" oder "Schuldneranwalt" beworben. Hier reihe sich der "Kundenanwalt" nahtlos ein. Mit Aussag...

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