Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiswürdigung. Auseinandersetzung mit Privatgutachten. Beweislastverteilung bei Vertragsänderung. Umfang des Kostenerstattungsanspruchs bei Selbstvornahme. Schadensminderungspflicht bei Selbstvornahme
Leitsatz (amtlich)
Regelmäßig muss sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Inhalt des dem Gerichtsgutachten widersprechenden Privatgutachtens auseinandersetzen und erkennen lassen, dass es den abweichenden Vortrag des von der Partei hinzugezogenen Gutachters zur Kenntnis genommen hat und aus welchen Gründen es den Streit zwischen beiden sachverständigen Meinungen im Sinne des einen entschieden hat.
Erstattungsfähige Selbstvornahmekosten sind sämtliche Mangelbeseitigungskosten, die der Auftraggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftig wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund fachlicher, sachkundiger Beratung aufwenden musste. Der Erstattungsanspruch des Auftraggebers ist erst dann gemindert, wenn die Grenzen der Erforderlichkeit eindeutig überschritten sind und der Bauherr bei der Auswahl des Drittunternehmers seine Schadensminderungspflicht verletzt hat. Hierbei trägt der Auftragnehmer das Prognoserisiko. Erstattungsfähig sind daher auch solche Kosten, die für einen erfolglosen oder sich später als unverhältnismäßig teuer herausstellenden Versuch aufgewendet wurden.
Normenkette
BGB § 637 Abs. 1 S. 1; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 26.03.2014; Aktenzeichen 1 O 191/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Wuppertal vom 26.03.2014, Az.: 1 O 191/12, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 43.184,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 39.568,27 EUR seit dem 20.03.2012 sowie aus weiteren 3.616,39 EUR seit dem 13.02.2013 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern weitere Mängelbeseitigungskosten hinsichtlich der Malerarbeiten im Objekt D... Str. 23 in S... zu ersetzen, sofern die Abrechnung mit einem 3.500,-- EUR übersteigenden Betrag erteilt wird.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die ihnen zum Kreditkonto der D.. B... Nr., lautend über einen Kapitalbetrag in Höhe von 42.000,-- EUR, ab März 2013 obliegenden Zinsaufwendungen, Sollzinssatz derzeit 4,250 %, zu ersetzen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz tragen die Kläger zu 8 % und der Beklagte zu 92 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in selber Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet haben.
Gründe
I. Mit Kaufvertrag/Bauwerkvertrag vom 07.12.2006 beauftragten die Kläger den unter der im Rubrum genannten Bezeichnung handelnden Beklagten mit der Erstellung eines schlüsselfertigen Einfamilienhauses unter der im Rubrum bezeichneten Anschrift der Kläger.
Die Übergabe des Objektes an die Kläger erfolgte am 05.09.2007.
Anders als in den von den Parteien vorgelegten, dem Bauvertrag zugrundeliegenden Detailzeichnungen vorgesehen, errichtete der Beklagte das Haus so, dass die Bodenplatte nicht mit dem Außenmauerwerk abschloss, sondern unter diesem rundherum ca. 30 cm hervorstand.
Anlässlich der Durchführung von Renovierungsarbeiten im Jahre 2011, bei denen die Kläger im Erdgeschoss neue Bodenfliesen auf einer künftigen Elektro-Bodenheizung verlegen wollten, entdeckten die Kläger am Plattenbelag in der Diele sowie im WC des Hauses feuchte Stellen im Sockelbereich der Innen- sowie der Außenwände des Objekts.
Der von den Klägern beauftragte Sachverständige Architekt W.. B.. stellte mit Gutachten vom 14.06.2011 fest, dass bei einer von ihm vorgenommenen Überprüfung im Sockelbereich der Einbau der nach der Baubeschreibung im Fußbodenaufbau vorgesehenen Bitumenschweißbahn nicht habe festgestellt werden können. Darüber hinaus könne an der gegenüber den Wandflächen hervorstehenden Bodenplatte Wasser unter einer lose aufliegende Folie bis an die Lagerfugen der Außenmauern vordringen und dort eindringen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das als Anlage K 3 überreichte Gutachten Bezug genommen.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 20.06. und 27.06.2011 (Anl. K 5) forderten die Kläger den Beklagten erfolglos auf, die im Sachverständigengutachten B. festgestellten Mängel zu beseitigen.
Unter dem 26.09.2011 beantragten die Kläger die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, das vor dem LG Wuppertal unter dem Az. 1 OH 29/11 geführt wurde. Der dort vom Gericht beauftragte Sachverständige S. erstellte unter dem 20.02.2012 ein erstes Gutachten, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Am 14.06.2012 reichten die Kläger beim LG Wuppertal ...