Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.02.2006) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Beklagten das am 23.02.2006 verkündete Urteil 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.257,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. August 2005 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 22 % und die Beklagte zu 78 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch ist wegen unterlassener Wertdeklaration gemindert.
I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der Firma HE GmbH in V. (im Folgenden: Fa. HE) entstandenen Schadensersatzansprüche jedenfalls aufgrund stillschweigender Abtretung auf die Klägerin übergegangen sind. Diese Abtretung ist nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 RberG nichtig.
Der Senat schließt sich insoweit der im Vordringen befindlichen Auffassung an, nach der der Regress beim Schädiger zur Aufgabe des Transportversicherers gehört, und zwar auch insoweit, wie (noch oder, z.B. wegen eines vereinbarten Selbstbehalts, endgültig) keine Versicherungsleistung erfolgt ist. In den letztgenannten Fällen ist die auf eine Zession des Versicherungsnehmers gestützte Einziehung des entsprechenden Schadensanteils nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG erlaubnisfrei gestattet, denn sie steht als sachgerechte Hilfs- und Nebentätigkeit mit dem Transportversicherungsgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang (OLG Oldenburg TranspR 2003, 76, 77; OLG Köln TranspR 2003, 116; OLG Stuttgart TranspR 2005, 27; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 909). Es ist sinnvoll, dass der durch ein einheitliches Transportschadensereignis entstandene Ersatzanspruch auch einheitlich eingefordert werden kann und nicht je nach der genauen (und aus Sicht des Schädigers zufälligen) Gestaltung des Versicherungsvertrags und des Regulierungsverlaufs zu einem Teil vom Versicherer und zu einem anderen Teil vom Versicherungsnehmer selbst geltend gemacht werden muss.
II.
Die Beklagte haftet für den unstreitig in ihrem Obhutsgewahrsam eingetretenen Verlust des ihr von der Fa. HE übergebenen Pakets aus den vom Landgericht genannten Gründen nach § 435 HGB bzw. Art. 29 CMR unbeschränkt; dies steht zweitinstanzlich außer Streit.
III.
Rechnung und Lieferschein begründen einen nicht erschütterten Anscheinsbeweis dafür, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren.
Der Anscheinsbeweis setzt den von der Beklagten vermissten Bezug von Rechnung und Lieferschein zur Übernahmequittung nicht voraus. Lieferschein und Rechnung, beide vom 30.03.2005 stammend, beziehen sich aufgrund des Datums und des Empfängers hinreichend auf die der Beklagten am Folgetag übergebene Sendung. Der schriftlichen Erklärung von Frau G., deren Unterschrift sich auf dem Frachtbrief findet, sie habe als Mitarbeiterin der Fa. HE die hier in Rede stehenden Warensendung verpackt und der Beklagten am 31.03.2005 übergeben (Anl. K 4, Bl. 25 GA), ist die Beklagte auch nicht entgegen getreten.
IV.
Da die in Verlust geraten Waren feststehen, ist hinsichtlich des Wertes der Waren die - vorliegend von der Beklagte nicht widerlegte - Vermutung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB einschlägig.
Sofern die Paketbeförderung den Bestimmungen der CMR unterlegen haben sollte, liefert nach der CMR die Handelsrechnung ein Indiz für den Marktwert der Warensendung zum Zeitpunkt der Übernahme der Warensendung beim Absender. Dieses Indiz rechtfertigt es im vorliegenden Fall, den Schaden gemäß § 287 ZPO auf den in der Rechnung ausgewiesenen Kaufpreis zu schätzen, zumal die Beklagte in der Berufungsbegründung den Warenwert lediglich deshalb anzweifelt, weil sie den Paketinhalt nicht für bewiesen hält.
V.
Der der Klägerin zustehende Anspruch ist indes aufgrund eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration gemindert.
1.
Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. Die Vorschrift des § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen. Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass er eine Wertdeklaration unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom BGH zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. 7. 1998 zu § 254 Abs. 1 und 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (BGH, Urteil vom 01.12.2005, Az. I ZR 1...