Leitsatz (amtlich)
1. Ein vor 1998 geschlossener Vertrag, mit dem ein Steuerberater sich verpflichtet, einen zivilrechtlichen Pachtvertrag auszuarbeiten, ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG gem. § 134 BGB nichtig. Gleichwohl haftet der Steuerberater nach vertragsrechtlichen Grundsätzen, wenn seiner Tätigkeit eine ständige Geschäftsverbindung im Rahmen eines auf die umfassende Betreuung in Steuersachen gerichteten Dauermandats zugrunde lag.
2. Zu den Hinweis- und Aufklärungspflichten eines Steuerberaters bei Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 7 GewStG.
3. Ein Steuerberater ist verpflichtet, den Mandanten auf die Gefahren einer verdeckten Gewinnausschüttung hinzuweisen, die mit einer vom Berater zu prüfenden Gestaltung eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages verbunden sind (hier: Vereinbarung einer Überstundenvergütung in nicht näher geregelter Höhe).
4. Der Schaden, der dem Mandanten aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung entsteht, kann unter Zugrundelegung der Ausschüttungsbelastung von 30 % des § 27 KStG a.F. berechnet werden.
5. Ein Steuerschaden einer GmbH aus einer verdeckten Gewinnausschüttung ist nicht deshalb zu verneinen, weil die zusätzliche Steuerbelastung der Gesellschaft auf den Ausschüttungsbetrag angerechnet wird auf die persönliche Einkommensteuerschuld ihres Alleingesellschafters.
6. Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB n.F. schweben schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird. Danach kann eine Hemmung der Verjährung dadurch bewirkt werden, dass der Verpflichtete dem Geschädigten mitteilt, er habe dessen Schreiben mit der Anspruchsanmeldung an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet und werde auf die Angelegenheit zurückkommen.
7. Der ersatzpflichtige Steuerberater hat auch die körperschafts- und gewerbesteuerliche Belastung, die dem Mandanten wegen der Schadensersatzleistungen entsteht, zu ersetzen.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 25.08.2004; Aktenzeichen 3 O 305/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.8.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.460,54 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Mehrsteuern bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie den Solidaritätszuschlag zu ersetzen, die ihr als Folge der Zahlung des vorgenannten Betrages durch den Beklagten entstehen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 81 % und der Beklagte zu 19 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt Schadensersatz vom Beklagten als ihrem früheren Steuerberater wegen einer pflichtwidrigen Beratung bei der Gestaltung zweier zivilrechtlicher Verträge.
1. Dabei geht es zunächst um einen Pachtvertrag vom 17.4.1995 (Bl. 16-20 GA), mit dem die Klägerin von ihrem beherrschenden Gesellschafter und Geschäftsführer D.B. den bisher von diesem als Inhaber geführten Betrieb pachtete. Ab 1998 betrug die jährliche Pacht 360.000 DM. Das Finanzamt S. nahm nach einer Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 an, dass die Hälfte dieser Pacht dem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb für die Berechnung der Gewerbesteuer gem. § 8 Nr. 7 GewStG hinzuzurechnen sei (Bericht vom 22.4.2003, Bl. 22 - 32 GA, hier Nr. 2. 24, S. 10 des Berichts = Bl. 31 GA). Dadurch kam es zu Gewerbesteuernachzahlungen für die geprüften Jahre. Die Klägerin macht Schadensersatz wegen der steuerlichen Mehrbelastungen für 1998 bis 2001 geltend, die sie zuletzt einschließlich Nachzahlungszinsen mit 65.173,47 EUR errechnet. Die Klägerin meint, dass diese Hinzurechnung durch eine andere Gestaltung des Pachtvertrages hätte vermieden werden können.
2. Die Klägerin wirft dem Beklagten weiterhin Fehler bei der Gestaltung des Anstellungsvertrages vom 1.7.1995 vor, den D.B. als der beherrschende Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin mit dieser schloss (Bl. 212-215 GA). Nach einer weiteren Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 des Finanzamts L. (Bericht vom 8.8.2000, Bl. 57-62 GA) nahm die Finanzverwaltung eine verdeckte Gewinnausschüttung u.a. wegen der Zahlung von Überstundenvergütungen an (S. 4, Nr. 15 des Berichts, Bl. 61 GA). Dadurch erhöhte sich der Gewinn ...