Leitsatz (amtlich)

Jedenfalls im Rahmen der nach § 91a ZPO zu treffenden Billigkeitsentscheidung erscheint es angemessen, den Grundgedanken des § 93 ZPO auch zugunsten des Klägers anzuwenden - also dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, wenn er Anlass zur konkreten Klageerhebung geboten hat und der Kläger sofort nach Erkennen des Nichtbestehens der Klageforderung Klageverzicht oder die Erledigung der Hauptsache erklärt.

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 01.09.2003; Aktenzeichen 11 O 4301/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Kassel vom 1.9.2003, soweit durch diesen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt worden sind, teilweise abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens werden zu 9/10 der Klägerin, zu 1/10 der Beklagten auferlegt.

Der Wert des Gegenstandes der vorliegenden Beschwerde wird auf bis zu 2.750 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Beide Parteien sind gewerbliche Reiseveranstalter. Die Klägerin hatte aus abgetretenem Recht der Firma XY-Inhaberin A. B., mit welcher die Beklagte einen Kooperationsvertrag abgeschlossen hatte, gegen die Beklagte Stufenklage erhoben und folgende Anträge angekündigt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen,

a) welche der in der Anlage 1 zu der Klageschrift von der Klägerin ausgearbeiteten Reisen von der Beklagten durchgeführt worden sind;

b) welche weiteren von der Klägerin ausgearbeiteten Reisen, die in der Anlage 1 zur Klageschrift nicht benannt sind, von der Beklagten durchgeführt worden sind;

c) mit wieviel Reisenden die Durchführung der einzelnen Reisen erfolgte;

d) welcher Bruttoumsatz aus den einzelnen Reisen erzielt wurde.

1. Die Beklagte wird verurteilt, die gem. Ziff. 1 zu erteilenden Auskünfte ggü. der Klägerin zu belegen durch Vorlage ordnungsgemäßer Abrechnungen der von der Klägerin ausgearbeiteten und von der Beklagten durchgeführten Reisen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte zu Ziff. 1 und 2 eidesstattlich zu versichern.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die sich nach Auskunftserteilung und Rechnungslegung ergebenden Provisionen an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hatte sich u.a. mit dem Argument gewehrt, die Auskünfte bezüglich der tatsächlich nach dem Kooperationsvertrag zu verprovisionierenden Reisen seien bereits vor dem Prozess erteilt und die Provisionen seien ebenso längst abgerechnet worden.

Das LG hat nach Beweisaufnahme der Stufenklage durch Teilurteil hinsichtlich der Anträge zu 1 bis 3 unter wörtlicher Übernahme der Formulierungen dieser Anträge stattgegeben. Eine Kostenentscheidung enthält das Urteil nicht.

Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil berief sich die Beklagte u.a. darauf, dass sie die streitgegenständlichen Auskünfte jedenfalls durch Fax-Schreiben vom 21.12.2001 erteilt und eine entsprechende eidesstattliche Versicherung ebenfalls am 21.12.2001 bereits abgegeben habe. Nach Hinweisen des Berichterstatters des Senates auf Bedenken gegen das Erreichen der Beschwerdesumme durch die Berufung nahm die Beklagte die Berufung gegen das Teilurteil am 19.5.2002 zurück.

Auf Antrag der Klägerin hatte das LG Kassel - wiederum 1. Kammer für Handelssachen - am 22.2.2002 einen Ordnungsgeldbeschluss gegen die Beklagte wegen Nichterfüllung der im Teilurteil zu Ziff. 1 des Tenors ausgesprochenen Auskunftspflichten erlassen, der auf sofortige Beschwerde der Beklagten durch Senatsbeschluss vom 20.12.2002 (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.12.2002 - 25 W 26/02) aufgehoben worden ist. Die Sache wurde vom Senat zu Neubescheidung des Ordnungsgeldantrages an das LG zurückverwiesen.

Zur Neubescheidung des Antrages ist es nicht gekommen, da die Klägerin nunmehr die Hauptsache hinsichtlich des Klageantrages zu 4 für erledigt erklärt und Kostenantrag gegen den Beklagten gestellt hat.

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen, ihrerseits aber Kostenantrag gegen die Klägerin gestellt.

Durch Beschluss vom 1.9.2003 hat das LG die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten, die des Beschwerdeverfahrens - betreffend den Ordnungsgeldbeschluss des LG - der Klägerin auferlegt. Die Beklagte habe die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO zu tragen, da die Beklagte "unstreitig" am 21.12.2001 die Auskunft erteilt habe, zu der sie rechtskräftig verurteilt worden sei. Diese Auskunft habe zu einem Zahlungsanspruch der Klägerin geführt; ohne die Erledigungserklärungen wäre die Beklagte aller Voraussicht nach zur Zahlung verurteilt worden.

Gegen diesen, der Beklagten am 9.9.2003 zugestellten Beschluss wendet sich die am 18.9.2003 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten, soweit ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. Das LG habe verkannt, dass die Beklagte die mit Fax-Schreiben vom 21.12.2001 erteilte Auskunft schon früher erteilt gehabt habe und dass die von der Auskunft betroffenen Ges...

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