Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisaufnahme trotz übereinstimmender Erledigungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Auch nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Gericht eine Beweisaufnahme durchzuführen, wenn die Parteien darüber streiten, ob sie sich bereits außergerichtlich über die Kostenverteilung geeinigt haben.
Normenkette
ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 19.06.2020; Aktenzeichen 1 O 285/18) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 19.06.2020 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussbeschwerde der Klägerin wird dieser Beschluss abgeändert:
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 20 %, der Beklagte 80 % zu tragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
Die Klägerin hat den Beklagten nach Kündigung einer Geschäftsbeziehung aus einer zur Sicherung einer Darlehensforderung bestellten Gesamtgrundschuld auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz in Anspruch genommen. Nachdem die Kredite der Klägerin durch die Bank1 AG abgelöst wurden, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben, da der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss gewesen sei. Hiergegen hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er eine Kostenbelastung der Klägerin erreichen will, weil deren Kündigung unwirksam gewesen sei. Mit ihrer Anschlussbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Parteien hätten sich im Rahmen der Ablösung des Kreditengagements auf eine Kostenregelung geeinigt.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Dagegen führt die zulässige Anschlussbeschwerde der Klägerin zu einer Abänderung der vom Landgericht getroffenen Kostenentscheidung.
Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen hatte (§ 91a ZPO). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Ausgang des Rechtsstreits tatsächlich, wie es das Landgericht angenommen hat, noch offen war und weiterer Aufklärung durch das Gericht bedurfte. Denn jedenfalls haben die Parteien vorliegend außergerichtlich eine Kostenregelung getroffen, die vorrangig gegenüber der gerichtlichen Entscheidung ist. Dies steht nach der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest.
Das Landgericht ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass nach übereinstimmender Erledigungserklärung eine Beweisaufnahme üblicherweise nicht mehr in Betracht kommt. Dies gilt aber nicht, wenn - wie hier - eingewandt wird, das Verfahren nach § 91a ZPO sei unzulässig, weil sich die Parteien außergerichtlich geeinigt hätten (vgl. Althammer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 26). In einem solchen Fall ist, gegebenenfalls auch im Beschwerdeverfahren (§ 571 Abs. 2 ZPO), eine Beweisaufnahme durchzuführen.
Die dementsprechend von dem Senat veranlasste schriftliche Befragung der Zeugin A hat ergeben, dass die Behauptung der Klägerin zutrifft und die Parteien sich außergerichtlich geeinigt hatten, dass die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis 20% Sparkasse und 80% Beklagter aufgeteilt werden sollten. Die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass eine solche Kostenaufteilung bei einem zwischen ihr als zuständiger Mitarbeiterin der Klägerin und dem Beklagten zur Verfahrensbeendigung geführten Telefonat am 22.04.2020 von ihr gefordert wurde und der Beklagte sich damit einverstanden erklärte. Zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser Aussage sieht der Senat keinen Anlass, auch wenn die Zeugin inhaltlich lediglich auf einen zeitgleich mit der Aussage angefertigten Aktenvermerk Bezug genommen hat. Der Beklagte hat zudem nicht bestritten, dass eine entsprechende Kostenpauschale in den von der Bank1 zu zahlenden Ablösebetrag eingerechnet wurde.
Bei dieser Sachlage hatte der Senat eine deklaratorische, die entsprechende Vereinbarung der Parteien wiedergebende Kostenentscheidung zu treffen (vgl. zur Zulässigkeit einer Kostenentscheidung analog § 91a ZPO in einem solchen Fall Schulz in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 98 Rn. 35 ff.). Zwar dürfte auf Grund der Aussage der Zeugin und nach dem Vortrag der Klägerin in der Anschlussbeschwerdeschrift davon auszugehen sein, dass durch die von der Bank1 am 28.05.2020 gezahlte Ablösesumme die Kostenerstattungsansprüche der Klägerin bereits erledigt sind. Dies gilt aber nicht für die Kostenerstattungsansprüche des Beklagten in Höhe von 20%, da unklar ist, ob die Zeugin auch eine entsprechende Kostenausgleichung berücksichtigt hat. Jedenfalls sind diesbezügliche Zweifel nicht im Rahmen der Kostengrundentscheidung, sondern erst bei der Kostenfestsetzung zu klären.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerde...