Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 13.08.2021; Aktenzeichen 3 O 446/20) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 13.08.2021 - Aktenzeichen: 3 O 446/20 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu je 1/2 zu tragen.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu EUR 40.000,- festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Kaufs eines Kraftfahrzeugs.
Die Kläger und die Beklagte schlossen am 29.05.2017 einen Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer ... über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 31.750,00 Euro mit einer angegebenen Vertragslaufzeit von fünf Jahren zu einem Sollzinssatz in Höhe von 3,99 Prozent pro Jahr. Das Darlehen diente der Finanzierung eines Kraftfahrzeugs. Nach der vertraglichen Vereinbarung sollte das Darlehen in 60 Monatsraten, erstmals fällig zum 15.07.2017, zu je 374,00 Euro, wobei die erste Rate 334,19 Euro betrug, und einer abschließenden Rate in Höhe von 14.287,50 Euro zurückgezahlt werden. Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsinformation. Hinsichtlich der Einzelheiten des Darlehensvertrages und der Widerrufsinformation wird auf die Anlage K 1 (BI. 84 ff. d. A. insbesondere Bl. 99 d.A.) Bezug genommen. Die Widerrufsinformation enthält einen Passus zu Besonderheiten bei weiteren Verträgen, in dem eine tatsächlich nicht abgeschlossene Ratenschutzversicherung erwähnt wird.
Am 29.05.2017 erwarb die X GbR (Stadt1) von der Y GmbH & Co. KG (Stadt2) ein am 14.05.2015 erstzugelassenes Gebrauchtfahrzeug der Marke VW T5 Multivan mit der Fahrgestellnummer ... zu einem Komplettpreis in Höhe von 31.750,00 Euro. Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt der Übergabe eine Laufleistung von 58.124 Kilometern auf.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.05.2020 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung und forderten die Beklagte zur Rückabwicklung auf. Zum Zeitpunkt des Widerrufs hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 89.994.
Nachdem die Beklagte eine Rückabwicklung ablehnte, haben die Kläger erstinstanzlich feststellen lassen wollen, dass sie der Beklagten weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulden, dass die Beklagte in Verzug der Annahme des Fahrzeugs sei, und sie haben zudem Rückzahlung der von ihnen bis zur Erklärung des Widerrufs gezahlten Raten in einer Gesamthöhe von 13.050,19 Euro nebst Zinsen verlangt. Sie haben die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Kläger fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht belehrt. Auch könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Die Kläger seien auch aktivlegitimiert, da die X GbR (Stadt1) kurz nach der Gründung wieder aufgegeben worden sei. Das seinerzeit gekaufte und der GbR in Rechnung gestellte, streitgegenständliche KfZ sei vereinbarungsgemäß alleine von der Klägerin zu 1) übernommen worden und die Raten seien von ihr bezahlt worden.
Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt und die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Gießen gerügt. Ihrer Auffassung nach seien die Widerrufsbelehrung und die Pflichtangaben ordnungsgemäß. Ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger sei verwirkt und zudem rechtsmissbräuchlich ausgeübt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar hat es sich für örtlich zuständig gehalten; nach seiner Auffassung sei die Klage aber unbegründet. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. ... ab der Widerrufserklärung der Kläger vom 28.05.2020 weder Zins- noch Tilgungsleistungen gemäß § 488 Absatz 1 Satz 2 BGB mehr zustehen. Die Kläger hätten den Darlehnsvertrag nicht wirksam widerrufen. Ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers sei verwirkt und darüber hinaus auch rechtsmissbräuchlich ausgeübt worden. Das Zeitmoment sei gegeben, da zwischen Abschluss des Darlehensvertrages und der Erklärung des Widerrufs ein Zeitraum von drei Jahren liege. Auch das Umstandsmoment sei zu bejahen. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass das Zeit- und Umstandsmoment in einer Wechselbeziehung stünden, so dass umso geringe Anforderungen an das Umstandsmoment zu stellen seien, je deutlicher die Zeitkomponente erfüllt sei. Die Beklagte habe sich wegen der Untätigkeit der Kläger über einen Zeitraum von drei Jahren bei objektiver Betrachtung darauf einrichten dürfen und habe sich auch darauf eingerichtet, diese würden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstoßen habe. Die Kläger hätten alle Raten beanstandungsfrei gezahlt. Die Beklagte habe im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Darlehensvertrages und den Ablauf der Widerrufsfrist eigene Dispositionen getroffen, insbesondere auch im Hinblick auf die Refinanzierung. Klägerseits sei die Weisung zur Auszahlung der Darlehensvaluta getroffen und für eigene Zwecke verwendet...