Leitsatz (amtlich)
Zur sofortigen Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs aus einem Verkehrsunfall bei einer Abrechnung des Schadens innerhalb der 130 %-Grenze.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 9 O 173/07) |
Gründe
I. Der Kläger hat die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12.2.2007 in Anspruch genommen, den die Beklagte zu 1) zu Lasten des Klägers schuldhaft verursacht hat. Der Kläger ließ sein unfallbeschädigtes Fahrzeug begutachten. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 13.2.2007 zu den von den Parteien unangegriffenen Feststellungen, dass der Wiederbeschaffungswert mit Mehrwertsteuer 6.550 EUR und die voraussichtlichen Reparaturkosten mit Mehrwertsteuer 7.538,91 EUR betragen werden. Der Kläger beauftragte eine Vertragswerkstatt des Fahrzeugsherstellers am 12.2.2007 mit der Reparatur des Fahrzeugs. Diese stellte ihm hierfür am 27.2.2007 7.324,59 EUR brutto in Rechnung. Nach Zahlungsaufforderung durch seinen Prozessbevollmächtigten regulierte die Beklagte zu 2) am 21.3.2007 lediglich die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert sowie Sachverständigenkosten und Kostenpauschale. Zur Begründung machte sie geltend, ein darüber hinausgehender Ersatzanspruch werde erst fällig, wenn der Kläger sein Fahrzeug mindestens sechs Monate nach dem Unfall weiterbenutzt habe.
Der Kläger hat die Differenz zwischen dem angemeldeten und dem regulierten Schaden (5.046,78 EUR) klageweise am 11.4.2007 geltend gemacht. Nachdem er mit Schriftsatz vom 12.9.2007 behauptet hat, er nutze das reparierte Fahrzeug als Eigentümer noch immer, haben die Beklagten die Hauptforderung unter Protest gegen die Kosten anerkannt. Das LG hat am 5.11.2007 Teilanerkenntnisurteil erlassen. Mit Kostenschlussurteil vom 18.1.2008 hat es die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt, weil die Klageforderung bis zum Anerkenntnis nicht fällig gewesen sei; auch bei vollständiger und fachgerechter Reparatur könne der Geschädigte Reparaturkosten oberhalb des Wiederbeschaffungswertes nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate weiter nutze.
Gegen das am 1.2.2008 zugestellte Kostenschlussurteil vom 18.1.2008 richtet sich die am 13.2.2008 erhobene sofortige Beschwerde des Klägers, mit der dieser Kostenbelastung der Beklagten beansprucht, weil die vom LG herangezogene Rechtsprechung des BGH Fälle der Abrechnung auf Gutachtenbasis betreffe, er sein Fahrzeug aber sofort fachgerecht habe reparieren lassen. Eine entsprechende Anwendung auf Fälle durchgeführter Reparaturen sei nicht gerechtfertigt. Das LG hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 20.2.2008 nicht abgeholfen.
Die Beklagten verteidigen die Entscheidung.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, da sie statthaft ist und rechtzeitig erhoben wurde, § 99 Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 ZPO. Sie ist auch begründet, weil die Voraussetzungen für eine Anwendung von § 93 ZPO nicht vorliegen. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits vielmehr gemäß der §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO als unterlegene Partei zu tragen.
Voraussetzung für eine Kostenfreistellung der Beklagten als Ausnahme von dem Grundsatz des § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die Kosten von dem getragen werden, der sich durch Anerkenntnis in die Rolle der unterlegenen Partei begibt, ist, dass das Anerkenntnis bis zur gesetzten Erwiderungsfrist auf eine fällige Forderung erklärt wird; eine verfrühte Klageforderung braucht hingegen nicht vorzeitig anerkannt zu werden (vgl. Zöller/Herget § 93 Rz. 4). Ist eine Klage nicht schlüssig, so kann die beklagte Partei trotz angezeigter Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Vorverfahren noch sofortig anerkennen, nachdem der Gegner seinen Sachvortrag ergänzt hat (vergleiche BGH vom 3.3.2004 - VI ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999).
Die Schadensersatzforderung des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 12.2.2007 war bereits bei Klageerhebung fällig, § 823 Abs. 1, 249, 271 BGB, § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Pflichtversicherungsgesetz. Dem Kläger stand aufgrund der Unfallbeschädigung durch die Beklagte zu 1) ein Schadensersatzanspruch zu, der u.a. die Kosten für die Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs umfasste. Denn der Kläger hatte von seiner Dispositionsfreiheit Gebrauch gemacht und sich dazu entschlossen, das Fahrzeug reparieren zu lassen. In einem solchen Fall steht dem Geschädigten regelmäßig ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes zu (BGH vom 15.10.1991 - VI ZR 67/91, MDR 1992, 132; BGH vom 6.3.2007 - VI ZR 120/06, MDR 2007, 831). Vorliegend beliefen sich die durch die Rechnung einer Vertragswerkstatt nachgewiesenen Reparaturkosten, die die Beklagten weder der Höhe, noch der Sache nach angegriffen haben, auf rund 112 % des Wiederbeschaffungswertes und waren geringer als die vom Sachverständigen veranschlagten Reparaturkosten. Die Durchführung der Reparatur mit Kosten oberhalb des Wiederbeschaffungswertes lag im Integritätsinteresse des Klägers und ist von de...