Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist innerhalb der Frist des § 26 I EGGVG in der Form des § 24 I EGGVG zu begründen. Hierzu ist der Vortrag von Tatsachen erforderlich, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung schlüssig ergibt.

  • 2.

    Ein Vollstreckungshaftbefehl und der auf die Vorschaltbeschwerde ergehende Bescheid werden durch die Verhaftung des Betroffenen und seine anschließende Überführung in die Strafhaft gegenstandslos. Eine gerichtliche Überprüfung kann nur noch unter den besonderen Voraussetzungen des § 28 I 4 EGGVG erfolgen.

  • 3.

    Bei Vorliegen eines schwerwiegendes Grundrechtseingriffs durch Erlass und/oder Vollzug des Vollstreckungshaftbefehls kann das Feststellungsinteresse nicht verneint werden.

  • 4.

    Durch Erlass und Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls kann das Freiheitsgrundrecht nicht verletzt sein, weil die Freiheitsbeschränkung ihre Grundlage nicht in dem Vollstreckungshaftbefehl, sondern in dem zu vollstreckenden Strafausspruch hat. Dies gilt auch, wenn eine Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 459 e StPO vollstreckt wird.

  • 5.

    Ob die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegen, ist in dem gegen den Vollstreckungshaftbefehl gerichteten Verfahren nach §§ 23 EGGV nicht zu prüfen. Auch eine Überprüfung, ob diese unter Verletzung des Willkürverbotes bejaht wurden, findet in diesem Verfahren nicht statt. Hingegen ist zu überprüfen, ob durch das von der Staatsanwaltschaft eingeschlagene Verfahren bei Erlass und Vollzug des Vollstreckungshaftbefehls gegen das Willkürverbot verstoßen wurde.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 8920 Js 203609/02)

 

Gründe

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den Beschwerdeführer am 24.01.2003 wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 €. Nachfolgende Zahlungsaufforderungen blieben ebenso fruchtlos wie der Vollstreckungsversuch vom 22.08.2003.

Mit Verfügung vom 23.07.2004 wurde die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe eingeleitet und der Beschwerdeführer zum Strafantritt geladen. Der Ladung kam er nicht nach. Statt dessen erhob er Einwendungen gegen die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe, namentlich begehrte er Strafaufschub nach Maßgabe des § 455 I - III StPO. Dieser wurde ihm mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 01.06.2004 versagt, seine Einwendungen wurden zurückgewiesen. Sein hiergegen gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies das Amtsgericht Frankfurt am Main am 07.10.2004 zurück, seine dagegen eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 09.11.2004.

Zuvor war von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main am 20.08.2004 Vollstreckungshaftbefehl gegen den Verurteilten erlassen worden, der nach Zurückweisung der dagegen gerichteten Vorschaltbeschwerde durch Bescheid der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht vom 03.11.2004 - zugestellt am 06.12.2004 im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegung in den Briefkasten unter der Wohnanschrift des Verurteilten - vollzogen wurde. Am 03.12.2004 wurde der Verurteilte verhaftet und verbüßte bis einschließlich 31.12.2004 die Ersatzfreiheitsstrafe. Deren (bis 01.04.2005 notierter) Rest wurde nicht vollstreckt, weil der Verurteilte einen Teil der Geldstrafe bezahlte.

Mit seinem Antrag vom 05.01.2005 wendet sich der Verurteilte gegen den genannten Vollstreckungshaftbefehl in Gestalt des Beschwerdebescheides der Generalstaatsanwaltschaft.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig.

Die Unzulässigkeit folgt bereits daraus, der Antrag nicht - wie es geboten gewesen wäre (OLG Hamm, MDR 1983, 602; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 26 EGGVG Rn 3 mwN) - innerhalb der Monatsfrist des § 26 I EGGVG in der Form des § 24 I EGGVG begründet worden ist.

Die Frist ist nunmehr verstrichen. Bei Wirksamkeit der Zustellung vom 06.12.2004 war dies mit Ablauf des 06.01.2005 der Fall. Nimmt man hingegen bereits eine länger andauernde Nichtnutzung der Wohnräume wegen der in der Zeit vom 03.12.2004-31.12.2004 erfolgter Inhaftierung an und geht deshalb von der Unwirksamkeit der Ersatzzustellung (vgl. hierzu OLG Hamm, NStZ 2003, 174; Meyer-Goßner, § 37 Rn 9 mwN) aus, begann die Frist auf Grund der Regelung der §§ 37 I 1 StPO, 189 ZPO jedenfalls am 31.12.2004 zu laufen. An diesem Tage fand nämlich der Beschwerdeführer nach eigenem Vorbringen den Beschwerdebescheid nach Rückkehr aus der Haft in seinem Briefkasten vor. Die Frist war damit spätestens mit Ablauf des 31.01.2005 verstrichen.

Die innerhalb der genannten Frist allein erfolgte, im Antrag vom 05.01.2005 enthaltene "Begründung" genügt nicht den Anforderungen an die Substantiierung der Rechtsverletzung. Hierzu wäre der Vortrag von Tatsachen erforderlich gewesen, aus denen sich schlüssig eine Rechtsverletzung durch den Erlass und Vollzug des Vollstreckungshaftbefehls in der Gestalt des Beschwerdebescheides ergeben hätte (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 28.04.1998 - 3...

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