Leitsatz (amtlich)
Zur Erstattungsfähigkeit von Kosten einer Bahncard 100, die anteilig für eine konkrete Reise zur Terminswahrnehmung verwendet wird, im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens.
Normenkette
ZPO § 104
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.12.2005; Aktenzeichen 2-11 O 54/03) |
Tenor
Aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Beschlusses des OLG Frankfurt vom 31.8.2005 sind vom Kläger an Kosten weitere 90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 9.9.2005 an die Beklagte zu erstatten.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Beschwerdewert: 90 EUR.
Gründe
Der Kläger hatte seine Berufung mit Schriftsatz vom 30.8.2005 (Bl. 166 d.A.), bei Gericht eingegangen am 30.8.2005, zurückgenommen. Durch Beschluss von diesem Tag ist der auf den 6.9.2005 anberaumte Verhandlungstermin aufgehoben worden. Dieser Beschluss ist der Beklagten am 7.9.2005 zugestellt worden (Bl. 174 d.A.).
In Unkenntnis dessen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin am 6.9.2005 die Reise zum Termin angetreten und unterwegs, anlässlich einer Rückfrage bei Gericht, von der Terminsaufhebung erfahren. Er hat daraufhin die Reise in O1 abgebrochen und ist nach O2 zurückgefahren.
Die Beklagte hatte beantragt, fiktive Fahrtkosten der Bundesbahn für 500 km von O2 nach O1 und zurück in Höhe 90 EUR zu Lasten des Klägers festzusetzen.
Das LG hat dies im angefochtenen Beschluss mit der Begründung abgelehnt, der Beklagten sei nur ein fiktiver Schaden entstanden. Da ihr Verfahrensbevollmächtigter eine Bahncard 100 benutzt habe, seien aus Anlass der Reise keine besonderen Kosten aufgewendet worden. Die Kosten der Bahncard 100, 3.000 EUR, amortisierten sich im Jahreslauf. Erst wenn dies tatsächlich nicht erfolge, könne ein konkreter Schaden tatsächlich eingetreten sein.
Hiergegen wendet sich die Beklagte und hat auf Anfrage des Senats mit Schriftsatz vom 20.3.2006 (Bl. 196 d.A.) vorgetragen, die fragliche Bahncard sei im Geltungszeitraum, November 2004 bis November 2005, für ungefähr 12.000 Kilometer Bahnfahrten verwendet worden.
Der Kläger verneint die Erstattungsfähigkeit überhaupt, weil er nicht zu vertreten habe, dass die Beklagte nicht rechtzeitig von der Aufhebung des - erst eine Woche später anberaumten - Termins unterrichtet worden sei.
Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet.
Der Senat hält die Erstattungsfähigkeit von Kosten einer Bahncard 100, die anteilig für eine konkrete Reise zur Terminswahrnehmung verwendet wird, aus den Gründen seiner Verfügung vom 13.3.2006 (Bl. 193 d.A.) grundsätzlich für erstattungsfähig. Den daraufhin erfolgten Darlegungen der Beklagten vom 20.3.2006 (Bl. 196 d.A.) ist der Kläger nicht entgegengetreten. Diese Darlegungen führen allerdings nicht zu einer Erstattungsfähigkeit von 125 EUR (3.000 EUR: 12.000 km = 0,25 EUR/km × 500 km). Zu erstatten hat die unterliegende Partei nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Gegners (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Einsatz einer Bahncard 100, die im konkreten Fall Kosten i.H.v. 25 Cent pro km verursacht hat, war nicht notwendig, weil durch die Verwendung einer regulären Fahrkarte, wie die Beklagte im Kostenfestsetzungsantrag vom 7.9.2005 (Bl. 175 ff., 177 d.A.) belegt hat, nur Kosten i.H.v. 18 Cent pro km ausgelöst worden wären.
Infolgedessen sind nur diese Kosten erstattungsfähig und waren noch festzusetzen.
Der Einwand des Klägers, er habe es nicht zu vertreten, dass die Beklagte nicht rechtzeitig von der Terminsaufhebung benachrichtigt worden sei, ist unzutreffend. Es oblag dem Kläger, dafür Sorge zu tragen, dass die Aufhebungsnachricht der Beklagten rechtzeitig zugehen konnte, zumal deren Verfahrensbevollmächtigter von O2 aus anreisen musste. Auf die laut Faxkennung am 30.6.2005 um 17.26 Uhr eingegangene Berufungsrücknahme blieben im Hinblick auf das Wochenende (03./04.09.) gerade noch drei Arbeitstage, um die Nachricht von der Terminsaufhebung dem Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten zukommen zu lassen. Es hätte unter diesen Umständen nahegelegen, der Beklagten den Schriftsatz vom 30.8.2005 ebenfalls und unmittelbar zuzufaxen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO n.F. nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechsprechung eine Entscheidung des BGH als Beschwerdegericht.
Beschwerdewert ist der Betrag der noch festgesetzten Kosten. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte die Festsetzung der mit Antrag vom 7.9.2005 angemeldeten Fahrtkosten weiterverfolgt hat.
Fundstellen
JurBüro 2006, 429 |
AGS 2007, 136 |
AGS 2007, 155 |
OLGR-West 2007, 344 |
www.judicialis.de 2006 |