Verfahrensgang
LG Kassel (Entscheidung vom 29.03.2001; Aktenzeichen 1 S 452/00) |
AG Wolfhagen (Aktenzeichen 2 C 468/99) |
Tenor
Es stellt jedenfalls einen Sachmangel der Wohnung im Sinne von § 537 I a.F. BGB dar, wenn die tatsächliche Wohnfläche die im Mietvertrag aufgeführte Fläche um mehr als 25 % unterschreitet. Im übrigen wird der Erlass eines Rechtsentscheids abgelehnt.
Gründe
Das Mietverhältnis der Parteien ist beendet. Der Beklagte hat einen Teil des Mietzinses einbehalten, weil die vermietete Dachwohnung eine kleinere Wohnfläche hatte als im Mietvertrag angegeben. Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung des Restmietzinses in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht geht mit dem Amtsgericht entsprechend einer vom Beklagten vorgelegten Berechnung nach DIN 283 davon aus, dass die Wohnfläche statt 75 m², wie im Mietvertrag angegeben, nur 56,21 m² beträgt. Das Landgericht hält die Minderung für berechtigt, sieht sich aber durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 15.12.1997 (WuM 1998, 144 ff) an einer dem Beklagten positiven Entscheidung gehindert, sofern nicht die noch durchzuführende Beweisaufnahme eine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung erbringen sollte.
Das Landgericht hat folgende Frage zur Entscheidung durch Rechtsentscheid vorgelegt:
- Stellt es einen Sachmangel der Wohnung im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB dar, wenn deren Fläche erheblich von derjenigen abweicht, welche die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend zugrunde gelegt haben?
- Ab welcher prozentualen Abweichung kann gegebenenfalls von einer erheblichen, einen Sachmangel begründenden Flächenabweichung ausgegangen werden?
Das Oberlandesgericht ist für die Entscheidung über die Vorlage noch zuständig, da die Vorlage vor dem 31. Dezember 2001 erfolgt ist (§ 26 Nr. 6 EGZPO).
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, soweit die Vorlage als Divergenzvorlage erfolgt ist. Insoweit ist die Vorlage unzulässig. Nach § 541 I ZPO kann das Landgericht einen Rechtsentscheid u. a. dann herbeiführen, wenn es als Berufungsgericht bei der Entscheidung einer Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt oder den Bestand eines solchen Mietverhältnisses betrifft, von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts abweichen will; das gleiche gilt, wenn einer solchen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt und sie durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist.
Die für eine Vortage erforderliche Divergenz kann nur dann angenommen werden, wenn das vorlegende Gericht dieselbe Rechtsfrage über die der BGH oder ein anderes OLG entschieden hat, anders entscheiden, also von den tragenden Gründen der Entscheidung abweichen will (BGH NJW 1984, 236 und 237). Das OLG Dresden hat in der zitierten Entscheidung einen Rechtsentscheid dahingehend erlassen, dass bei einer geringeren Wohnfläche als im Mietvertrag angegeben, ein zur Minderung des Mietzinses führender Mangel der Mietsache nur dann vorliegen kann, wenn die Flächendifferenz erheblich ist und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung gerade durch die geringere Wohnfläche beeinträchtigt ist. Dieser Rechtsentscheid kann nun aber nicht dahingehend verstanden werden, dass die Wohnflächendifferenz allein in keinem Fall eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung indizieren könnte. Das OLG Dresden hat vielmehr lediglich ausgeführt, es verstehe sich nicht von selbst, dass die Unterschreitung einer im Vertrag angegebenen Wohnungsgröße zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit führe. Das OLG Dresden hat dabei das Vorliegen eines erheblichen Sachmangels allein wegen der Wohnflächendifferenz abgelehnt und festgestellt, dass ein erheblicher Sachmangel nicht schon deswegen vorliege, weil die tatsächliche Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche um mehr als 10 % nach unten abweiche. In dem Rechtsentscheid ist außerdem ausdrücklich festgehalten, dass in dem Rechtsentscheid nicht darüber zu befinden sei, ab welchem Prozentsatz von einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung auszugehen sei. Daraus folgt, dass das Landgericht durch die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden nicht gehindert ist, bei einer Abweichung von über 25 % zuungunsten des Mieters einen zur Minderung führenden Mangel anzunehmen, so dass das Landgericht auch den Senat nicht mit der Frage befassen kann, ob sich der Senat dem Rechtsentscheid des OLG Dresden anschließt oder nicht.
Da die vorliegende Abweichung von der Quadratmeterzahl noch für eine Mehrzahl von Fällen eine Rolle spielen kann, deutet der Senat die Divergenzvorlage in eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung um, was grundsätzlich zulässig ist (MünchKommZPO- Rimmelspacher (2000), § 541 ZPO Rn 19). Allerdings ist auch hier zu beachten, dass Rechtsfragen einem Rechtsentscheid nur zugeführt werden können, soweit sie für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind (§ 541 ZPO a. F.). Von Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit ist nicht die allgemeine Frage, ab welchem Abweichungsv...