Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit nach § 4 AnfG
Leitsatz (amtlich)
Eine mit Rücksicht auf die zwischen den Vertragsschließenden bestehende Ehe erfolgte Grundstücksübertragung stellt keine entgeltliche Kausalbeziehung dar, denn Zuwendungen, die in der Erwartung erbracht werden, die eheliche Lebensgemeinschaft zu fördern, begründen kein Entgelt im Sinne des § 4 AnfG . Für den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 11 Abs. 1 AnfG ist es unerheblich, in welcher Höhe der Empfänger durch die benachteiligende Handlung bereichert ist, da es lediglich auf eine feststehende Verschlechterung des Schuldnervermögens ankommt. Eine unteilbare Leistung des Schuldners ist insgesamt anfechtbar.
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 11.07.2017; Aktenzeichen 3 O 399/16) |
Tenor
In dem Rechtsstreit (...)
wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.
Gründe
I. Die Beklagte richtet sich mit ihrer Berufung gegen ein auf eine Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz gestütztes Urteil des Landgerichts, welches die Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück ermöglicht.
Die Klägerin und der Zeuge A waren verheiratet. Infolge der Ehescheidung schlossen sie am 15.11.2013 einen Vergleich vor dem Amtsgericht Gießen - Familiengericht - über den nachehelichen Unterhalt (Az. .../13). Der Zeuge A verpflichtete sich unter der Ziffer I. des Vergleichs, der Klägerin ab Rechtskraft der Ehescheidung bis zum Renteneintritt der Klägerin (voraussichtlich am 1.1.2019) einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 510,00 EUR, fällig jeweils im Voraus, zu zahlen.
Durch notariellen Vertrag vom 14.12.2015 verpflichtete er sich, sein Grundstück Straße1, Stadt1, Flur 11, Flurstück ... mit 558 qm, eingetragen im Grundbuch von Stadt1, Blatt ... auf seine neue Ehefrau, die Beklagte, zu übertragen.
Im notariellen Übergabevertrag (Bl. 52-57 d. A.) war unter anderem geregelt, dass die Beklagte das Grundstück "schenkweise" erwerben sollte (§ 2), mit "Rücksicht auf die zwischen den Vertragsschließenden bestehende Ehe".
Unter "§ 3 Vorbehalte, Auflagen und Gegenleistungen" wurden bestimmte "Einschränkungen" der "Schenkung" festgelegt; hiernach sollte die Beklagte als "Gegenleistung" fortan die eingetragenen Lasten des Grundstücks tragen, diese jedoch im Außenverhältnis nur gesamtschuldnerisch zusammen mit dem Zeugen A. Gleichzeitig wurde ein lebenslanges Wohnrecht nach § 1093 BGB zugunsten des Zeugen in einer abgeschlossenen Wohnung im Erdgeschoss vereinbart. So wurde der Vertrag auch vollzogen; die Beklagte ist seit dem 6.4.2016 Eigentümerin des Grundstücks.
Bereits ab März 2016 erfolgten keine Zahlungen mehr an die Klägerin aus dem Vergleich. Ein am 6.9.2016 durchgeführter Zwangsvollstreckungsversuch blieb erfolglos, der Zeuge A gab am selben Tag ein Vermögensverzeichnis ab, nach welchem er über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge, jedoch über Kreditverbindlichkeiten i.H.v. 32.000,00 EUR. Seine Renteneinnahmen betrugen zu diesem Zeitpunkt monatlich 878,70 EUR und 82,66 EUR.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Meinung vertreten, die Grundstücksübertragung sei eine nach § 4 Anfechtungsgesetz anfechtbare Rechtshandlung. Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, wegen der vollstreckbaren Forderungen der Klägerin in Höhe von 5.100,00 EUR (seit März 2016, 10 Monate á 510,00 EUR) aufgrund des Vergleichs des Amtsgerichts Gießen - Familiengericht - Az. .../13 UE vom 03.12.2013, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück Straße1, Stadt1, Flur ..., Flurstück ... mit 558 qm, eingetragen im Grundbuch von Stadt1, Blatt ..., zu dulden.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat sich unter anderem darauf berufen, die Übertragung sei ein Äquivalent für die Zusage der Beklagten gewesen, den Zeugen A zukünftig in gewohnter Umgebung selbst zu pflegen. Im Übrigen habe sie weder seine Vermögensverhältnisse gekannt noch etwas von den Unterhaltspflichten gewusst.
Nach Vernehmung des Zeugen A hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Eigentumsübertragung eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG gewesen sei. Dies folge daraus, dass nun die Mieteinnahmen des Grundstücks nicht mehr zur Begleichung des Unterhalts aus dem Vergleich zur Verfügung stünden. Die Klägerin sei anfechtungsberechtigt nach § 2 AnfG, da sie einen vollstreckbaren Schuldtitel habe, ihre Forderung fällig sei und die Zwangsvollstreckung unbefriedigend gewesen sei. Es liege eine nach § 4 AnfG anfechtbare ...