Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 09.09.1981; Aktenzeichen 1 S 262/81) |
AG Gießen (Aktenzeichen 45 C 805/81) |
Tenor
Ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters ist nicht schon deshalb unwirksam, weil das beigefügte Sachverständigengutachten keine tatsächlichen Angaben über die für vergleichbar erklärten Vergleichsobjekte enthält.
Gründe
Der Kläger (Vermieter) hat vom Beklagten (Mieter) die Zustimmung zu einer Mieterhöhung begehrt und seinem Aufforderungsschreiben ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Wohnraumschätzung beigefügt. Das Gutachten beschreibt die Wohnung des Mieters auf zwei Seiten; danach folgt folgende Stellungnahme:
Aus meiner beruflichen Tätigkeit sind mir Wohnungen bekannt, die mit dem hier zu bewertenden Objekt vergleichbar sind. Grundsätzlich muß jedoch erwähnt werden, daß eine völlige Gleichheit nicht erwartet werden kann, da Himmelsrichtung, Geschoßhöhen und sonstige Merkmale erheblich voneinander abweichen können. Aufgrund dieser Kenntnis einer ähnlichen Wohnung im Asterweg, einer weiteren in der …straße und in der Straße, die aus der gleichen Baualterskategorie stammen, kann eine ortsübliche Vergleichsmiete von 4,15 DM/m² als Mittelwert angesetzt werden.
Das Amtsgericht hat die mangels Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung erhobene Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Sachverständige die Vergleichswohnungen nicht „in ihren wesentlichen Kriterien” (genaue Lage, Größe, Ausstattung, Mietzins) beschrieben habe. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landgericht dem Senat folgende Rechtsfrage vorgelegt: Liegt ein „mit Gründen versehenes Gutachten” im Sinne von Artikel III, § 2 Abs. 2 S. 2 des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vor, wenn der öffentlich bestellte oder vereidigte Sachverständige bei der Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses hinsichtlich des zum Vergleich herangezogenen Wohnraums keine Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse vorgenommen, sondern lediglich das Ergebnis seiner gutachterlichen Feststellungen und Beurteilung mitgeteilt hat?
Die Vorlage ist zulässig.
Die vom Landgericht vorgelegte Frage betrifft eine für die Sachentscheidung im vorliegenden Fall erhebliche Rechtsfrage aus einem Mietverhältnis über Wohnraum. Bei einem Gutachten nach § 2 Abs. 2 MHRG handelt es sich um ein in einem Vorverfahren vorzulegendes Parteigutachten; es kann folglich anderen Anforderungen unterliegen als ein im Rahmen eines Rechtsstreits vom Gericht eingeholtes Gutachten. Die vorgelegte Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung für eine nicht überschaubare Vielzahl von Fällen. Die Frage, welche Anforderungen an ein Sachverständigengutachten nach § 2 Abs. 2 MHRG zu stellen sind, ist auch umstritten (vgl. u.a. OLG Oldenburg, OLGZ 81.194 und Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 4. Auflage C 98 jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Rechtsfrage ist im Umfang der Vorlage – soweit ersichtlich – bisher von einem anderen Oberlandesgericht noch nicht entschieden. Das OLG Oldenburg (a.a.O.) hat zwar entschieden, daß der Sachverständige einzelne vergleichbare Wohnungen nicht konkret benennen muß. Die Rechtsfrage des Landgerichts geht aber hierüber hinaus.
Die vorgelegte Rechtsfrage wird vom Senat, wie im Entscheidungssatz geschehen, beantwortet. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgebend:
Nach dem genannten Rechtsentscheid des OLG Oldenburg ist es nicht erforderlich, daß der Sachverständige vergleichbare Wohnungen, auf die er sich bezieht, identifizierbar bezeichnet. Der Senat teilt diese Auffassung. § 2 Abs. 2 MHRG bezweckt, dem Mieter eine ungefähre Kenntnis von der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verschaffen. Hierfür eröffnet er dem Vermieter drei, in ihrer Überzeugungskraft unterschiedliche Möglichkeiten:
Die Bezugnahme auf den Mietspiegel, die Bezugnahme auf ein beizufügendes Sachverständigengutachten oder die Benennung von in der Regel mindestens drei Vergleichswohnungen durch den Vermieter. Wenn danach bereits die Benennung von drei Vergleichswohnungen durch den Vermieter ausreicht, kann nicht verlangt werden, daß auch der Sachverständige in gleicher Weise wie der Vermieter drei Vergleichswohnungen benennen muß; denn dann würde sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens als unnötig teuer erübrigen. Der Vermieter könnte sich vielmehr darauf beschränken, den Sachverständigen um die Benennung von drei Vergleichswohnungen zu bitten. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre auch dann noch sinnwidrig, wenn man es damit zu rechtfertigen versuchte, daß der Sachverständige in einem Gutachten Ja weniger als drei Vergleichswohnungen benennen könne; denn mit dem Mietpreis von nur einer oder zwei Wohnungen wird eine ortsübliche Miete in der Regel nicht darzutun sein.
Braucht der Sachverständige die von ihm herangezogenen Vergleichswohnungen danach nicht identifizierbar zu bezeichnen, bedarf es auch keiner Beschreibung der Vergleichswohnungen nach ungefährer Lage, Größe, Ausstattung und Mietzins. Weil der Mieter die Ric...