Leitsatz (amtlich)
Verwirft das Amtsgericht die Berufung als verspätet und den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist als unbegründet, so ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts gemäß § 319 II StPO kein Rechtsmittel, gegen seinen die sofortige Beschwerde gegen die Wiedereinsetzungsentscheidung des Amtsgerichts verwerfende Beschluss hingegen die sofortige Beschwerde eröffnet.
Verfahrensgang
LG Kassel (Entscheidung vom 25.09.2002; Aktenzeichen 3640 Js 28 236/01) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 1 StPO) verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht -Schöffengericht- Korbach verurteilte am 13.02.2002 den Angeklagten in seiner Anwesenheit wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. Mit am 25.02.2002 beim Amtsgericht Korbach eingegangenem Schriftsatz seines (neuen) Verteidigers legte der Angeklagte Berufung gegen das Urteil ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist. Mit Beschluss vom 28.03.2002 verwarf das Amtsgericht die Berufung des Angeklagten als unzulässig, weil verspätet und führte in den Gründen aus, auch "Wiedereinsetzungsgründe (seien) nicht gegeben". Entsprechend der vom Amtsgericht erteilten Belehrung legte der Angeklagte innerhalb Wochenfrist "sofortige Beschwerde" gegen diesen Beschluss ein.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.09.2002 hat die Berufungskammer des Landgerichts den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungseinlegungsfrist sowie die als Antrag auf Entscheidung des Berufungsgerichts umgedeutete sofortige Beschwerde jeweils als unbegründet verworfen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Angeklagten.
Diese richtet sich jedenfalls gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Wiedereinsetzung und ist als solche zulässig.
Selbst wenn man in der näher ausgeführten Erwägung des Amtsgerichts in seinem Beschluss vom 23.08.2002, Wiedereinsetzungsgründe bestünden nicht, zugleich eine -lediglich nicht in den Tenor aufgenommene- sachliche Bescheidung des Wiedereinsetzungsgesuches erblicken sollte, wäre die insoweit auf die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (vgl. zu diesem Erfordernis Kleinknecht/MeyerGoßner, StPO, 45. Aufl. § 46 Rn 7) ergangene Entscheidung des Landgerichts vom 25.09.2002 wegen sachlicher Unzuständigkeit des Amtsgerichts für die Wiedereinsetzungsentscheidung (§ 46 I StPO) der Sache nach als erstinstanzliche Entscheidung zu werten, so dass einer Entscheidung des Senats § 310 11 StPO nicht entgegenstünde (vgl. Engelhardt, in: KK-StPO., 4. Aufl., § 310 Rn 4 mwN). Dies gilt erst recht, wenn man die Erwägungen des Amtsgerichts nur als rechtlich unverbindliche Hinweise wertet. Dann hat das Landgericht, das offenbar auch so verfahren wolIte, ohne Zweifel als Erstgericht entschieden.
In der Sache, bleibt die Beschwerde indes erfolglos. Hierzu hat die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht in ihrer Zuschrift vom 31.10.2002 unter anderem ausgeführt:
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, seinen ehemaligen Verteidiger, Rechtsanwalt B., rechtzeitig, nämlich mit Schreiben 15.02.2002, beauftragt zu haben, gegen das Urteil des Amtsgericht Korbach Berufung einzulegen, erweist sich sein diesbezügliches Vorbringen als unzulänglich. Mag der Beschwerdeführer diesen Vortrag zulässiger Weise (§ 45 II 1 StPO) im Verlaufe des Wiedereinsetzungsverfahrens durch Benennung des Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Kassel III als Zeugen dafür, dass er am 15.02.2002 einen Brief an Rechtsanwalt B. abgesandt hat, glaubhaft gemacht haben, ist er eine Glaubhaftmachung hinsichtlich des behaupteten Inhalts dieses Schreibens gleichwohl schuldig geblieben. Ebenso wenig wie die einfache Erklärung des Beschwerdeführers selbst ein Mittel zur Glaubhaftmachung darstellt, ist die am Ende seiner Schriftsätze vom 25.2., 9.4. und 26.08.2002 (Bl. 206, 231, 241 Bd. I d.A.) erklärte "anwaltliche Versicherung" seines jetzigen Verteidigers geeignet, den Inhalt des ihm zu keiner Zeit zur Kenntnis gebrachten Schreibens des Beschwerdeführers vom 15.02.2002 glaubhaft zu machen. Eine - üblicherweise als "anwaltliche Versicherung" bezeichnete - eidesstattliche Versicherung des Verteidigers kann sich nämlich nur auf dessen Handlungen, Unterlassungen und Beobachtungen beziehen; Vorgängen, die sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, ist sie als Mittel zur Glaubhaftmachung nicht zugänglich (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 26 Rdnr. 13; vgl. auch Zöller, ZPO, 21. Auflage 1999, § 294 Rdnr. 4 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 26.11.1997, V ZB 14/97).
Soweit der Beschwerdeführer sein Wiedereinsetzungsbegehren zum andern darauf stützt, unverschuldet die Dauer der Berufungsfrist verkannt zu haben, verhilft auch dies seinem Wiedereinsetzungsbegehren nicht zum Erfolg. Soweit der Beschwerdef...