Leitsatz (amtlich)

Weist das LG im Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurück, so ist dagegen seit der Änderung der ZPO zum 1.1.2002 die sofortige weitere Beschwerde gegeben, sofern sie durch das LG entsprechend § 574 ZPO zugelassen worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 08.10.2003; Aktenzeichen 19 T 395/2002)

AG Offenbach (Aktenzeichen 41-II 129/2002)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird verworfen.

Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 2.256 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Auf Antrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner durch Beschluss des AG vom 29.8.2002 die Zahlung von rückständigem Wohngeld nebst Zinsen und Kosten aufgegeben. Nachdem der Antragsgegner anwaltlich vertreten gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet hatte und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt war, hat der Antragsgegner persönlich am 20.1.2003 einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter der Beschwerdekammer gestellt, die mit einem Vorverfahren befasst waren. Dieses Gesuch ist mit Beschluss vom 2.5.2003 zurückgewiesen worden (Bl. 86-88 d.A.). Ein erneutes Ablehnungsgesuch vom 25.8.2003 gegen die gesamte 19. Zivilkammer unter namentlicher Benennung des Vorsitzenden und drei weiterer Richter hat die Kammer mit Beschluss vom 8.10.2003 (Bl. 121, 122 d.A.) zurückgewiesen und der dagegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde des Antragsgegners nicht abgeholfen.

Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist unzulässig.

Für die Richterablehnung durch Beteiligte sind nach allgemeiner Auffassung die §§ 42 ff. ZPO entsprechend anwendbar, da weder das Wohnungseigentumsgesetz, noch das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit insoweit eigene Bestimmungen enthält (Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., vor §§ 43 ff. Rz. 187; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 43 WEG Rz. 19; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 6 Rz. 39). Die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln richtet sich dementsprechend nach §§ 46 Abs. 2, 567, 574 ZPO. Dies bedeutet, dass nach der Änderung der ZPO zum 1.1.2002 die sofortige weitere Beschwerde gegen einen Beschluss des LG, durch welchen dieses in einem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen hat, nur gegeben ist, sofern sie durch das LG zugelassen worden ist.

Bis zur Änderung der ZPO war die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren nur deshalb statthaft, weil § 567 Abs. 3 S. 2 ZPO a.F. für die Entscheidung nach § 46 ZPO ausdrücklich eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 567 Abs. 3 S. 1 ZPO a.F. vorsah, dass gegen Entscheidungen der LG im Berufungsverfahren und im Beschwerdeverfahren eine Beschwerde nicht zulässig ist. Nach neuem Recht sieht zwar § 46 Abs. 2 ZPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, wie bisher die sofortige Beschwerde vor. Sie ist nach § 567 Abs. 1 ZPO n.F. aber nur statthaft, soweit es sich um eine Entscheidung handelt, die im ersten Rechtszug ergangen ist. Daher ist gegen den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Beschwerdegerichts nach neuem Recht unter den engen Voraussetzungen des § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde gegeben. Sie setzt, da die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde in § 46 ZPO nicht ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Dies entspricht nach der Auffassung von Rechtsprechung und Literatur der Grundkonzeption der ZPO-Reform, die sofortige Beschwerde in Funktion und Ausgestaltung der Berufung nachzubilden und Rechtsmittel gegen Zwischenentscheidungen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren zu beseitigen (OLG Stuttgart v. 13.12.2002 - 8 W 522/02, OLGReport Stuttgart 2003, 197 = NJW-RR 2003, 494; OLG Karlsruhe v. 30.12.2002 - 4 W 51/02, MDR 2003, 651 = OLGReport Karlsruhe 2003, 101; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 46 Rz. 14 m.w.H.).

Da die dargestellten neuen Regeln über die Beschwerde im Zivilprozessverfahren sich auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels beziehen, sind sie in Übereinstimmung mit den bisher für die entsprechende Anwendung maßgebenden Grundsätze auf Ablehnungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übertragen (BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 - 3Z BR 49/02, MDR 2002, 1086 = FGPrax 2002, 119; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 43 Rz. 19, § 45 Rz. 6; Demharter, NZM 2002, 433 [436]). Der Senat folgt der in der zitierten Entscheidung durch das BayObLG vertretenen Auffassung, dass die dargestellte Einschränkung des Rechtsweges bei der erfolglosen Richterablehn...

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