Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbscheinserteilung und Erbscheinseinziehung
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 13.09.1995; Aktenzeichen 5 T 815/95, 845/95) |
AG Groß-Gerau (Beschluss vom 05.07.1995; Aktenzeichen 41 VI L 77/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 5. Juli 1995 werden aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, den der Beteiligten zu 9) erteilten Erbschein vom 5. Juli 1995 einzuziehen und den Antrag der Beteiligten zu 6) vom 19. Oktober 1994, ihr einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß die Erblasserin von ihr und den Beteiligten zu 1) bis 5) und 7) zu je 1/7 Anteil beerbt worden sei, nicht aus den Gründen der Vorentscheidungen zurückzuweisen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten im landgerichtlichen Beschwerde verfahren und im Verfahren der weiteren Beschwerde findet nicht statt.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 214.285,71 DM (je 42.857,14 DM für jede der fünf weiteren Beschwerden).
Gründe
Die Erblasserin … geb. … ist am 18.11.1991 im Alter von 85 Jahren verstorben. Sie war seit dem 2.11.1929 mit dem am 24.10.1944 im Alter von 40 Jahren gefallenen … 6. verheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, nämlich der am 30.12.1930 geborene Beteiligte zu 8) sowie der am 5.4.1934 geborene … der am 21.9.1955 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben ist. Aus der vom Beteiligten zu 8) im Jahre 1955 geschlossenen Ehe mit … geb. … sind sieben Kinder hervogegangen, nämlich die Beteiligten zu 1) bis 7).
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten im Jahre 1935 das Hausgrundstück … in Trebur zu je 1/2 Anteil erworben. Durch notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 21.8.1935 setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein (Ziffer II 1). Der Erbvertrag lautet weiter wie folgt:
„2. Mit dem Ableben des Längstlebenden soll unser gesamte: Nachlaß zu je einhalb auf unsere am Todestage des Längstlebenden vorhandenen beiderseitigen gesetzlichen Erben nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge als Erben des Längstlebenden von uns übergehen.
3. Im Falle der Wiederverheiratung ist der überlebende Teil von uns verpflichtet, falls Kinder aus unserer Ehe vorhanden sein sollten, den Anteil unserer Abkömmlinge am Nachlasse des Erst verstorbenen, der ihnen bei gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte, zu ermitteln und sicherzustellen. Die Art der Sicherstellung bestimmt der überlebende Ehegatte.
4. Wer gegen diesen Erbvertrag verstößt, insbesondere wer von unseren gemeinschaftlichen Erben gegen den Nachlaß des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche erhebt, der soll auch aus dem Nachlaß des Längstlebenden von uns nicht mehr als den gesetzlichen Pflichtteil erhalten. Dies ist unser wohlüberlegter letzter Wille.”
Der Beteiligte zu 8) mußte sich etwa 1947 wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung eines Spielkameraden vor Gericht verantworten. Dies führte dazu, daß er im Alter von 17 Jahren sein Elternhaus verließ. Spätestens seit dieser Zeit war das Verhältnis zwischen der Erblasserin und ihm gestört. Fortan stritten sie häufig über finanzielle Dinge. Am 22.3./18.4.1988 schloß die Erblasserin mit dem Beteiligten zu 8) einen notariellen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag. Darin verzichtete der Beteiligte zu 8) gegen Zahlung einer Abfindung von 50.000 DM auf die ihm beim Tode der Erblasserin zustehenden gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte sowie auf das ihm auf Grund des Erbvertrags vom 21.8.1935 zustehende Erbrecht. In dem Vertrag heißt es weiter, der Beteiligte zu 8) „weiß, daß … sich der Verzicht auch auf seine Abkömmlinge erstreckt”,
Durch notariellen Erbvertrag vom 25.3.1991 setzte die Erblasserin die Beteiligte zu 9), Tochter einer ihrer Schwestern, zu ihrer Alleinerbin ein.
Die Beteiligte zu 9) hat unter dem 26.11.1991 beantragt, ihr einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß sie Alleinerbin auf Grund des Erbvertrags vom 25.3.1991 ist. Diesen Antrag, dem auch der Beteiligte zu 8) entgegengetreten ist, hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 3.6.1992 zurückgewiesen. In den Gründen seiner Entscheidung hat es ausgeführt, als Erben der Erblasserin seien der Sohn … durch Vorversterben sowie der Sohn … und dessen Abkömmlinge durch Erbverzicht ausgefallen. Demzufolge seien Erben der Erblasserin auf Grund des Erbvertrags vom 21.8.1935 die beiderseitigen Verwandten der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns. Die Einsetzung der Verwandten des Ehemanns der Erblasserin sei vertragsgemäß bindend, so daß die Erblasserin gehindert gewesen sei, insoweit später eine widersprechende Verfügung von Todes wegen zu errichten. Die gegen den Beschluß vom 3.6.1992 gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 9) hat das Landgericht durch Beschluß vom 24.5.1994 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 19.10.1994 hat die Beteiligte zu 6) beantragt, ihr einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß die Erblasserin auf Grund des Erbvertrags vom 21.8.1935 von ihr und ihren sechs Geschwistern zu je 1/7 Anteil beerbt word...