Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des Nachlassgerichts an rechtskräftiges Feststellungsurteil
Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren betreffend die Erteilung eines Erbscheins ist das Nachlassgericht an ein rechtskräftiges Feststellungsurteil des Prozessgerichts gebunden, das zwischen den Beteiligten des Erbscheinserteilungsverfahrens ergangen ist. Dies gilt auch, wenn es sich dabei um ein Versäumnisurteil nach § 331 ZPO handelt.
Normenkette
BGB § 2359; FamFG § 352; ZPO §§ 331, 325, 322
Verfahrensgang
AG Fürth (Beschluss vom 21.01.2013; Aktenzeichen 6 VI 335/12) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) bis 4) die zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Der Antrag des Beteiligten zu 1) vom 06.01.2014 auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Erblasserin war in einziger Ehe verheiratet mit dem vorverstorbenen A. Aus dieser Ehe sind die Beteiligten zu 1) und 2) sowie die am ... 06.2006 ebenfalls vorverstorbene B geborene A als Kinder hervorgegangen. Die Erblasserin hatte keine weiteren Kinder. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die Kinder der vorverstorbenen Tochter der Erblasserin, also Enkelkinder der Erblasserin.
Am 14.06.2007 errichtete die Erblasserin mit ihrem Ehemann ein gemeinschaftliches öffentliches Testament (Bl. 15 ff. d.A.), in dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und - soweit der überlebende Ehegatte keine anderweitige Verfügung trifft - den Beteiligten zu 2) zu ½ sowie die Beteiligten zu 3) und 4) zu jeweils 1/4 zu Schlusserben einsetzten.
Nachdem ihr Ehemann am ... 02.2010 verstorben war, errichtete die Erblasserin am 19.08.2010 ein weiteres notarielles Testament (Bl. 44 ff. d.A.), in dem sie die Beteiligten zu 1) und 2) zu je 1/3 und die Beteiligten zu 3) und 4) zu je 1/6 als ihre Erben einsetzte.
Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 08.08.2012 (Bl. 79 f. d.A.) berichtigt mit Schriftsatz vom 02.07.2013 (Bl. 151 d.A.) beantragt, ihnen einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der den Beteiligten zu 2) zu ½ und die Beteiligten zu 3) und 4) zu jeweils ¼ als Erben der Erblasserin ausweist. Sie haben ihr Erbrecht auf eine Erbeinsetzung in dem Ehegattentestament vom 14.06.2007 gestützt und die Ansicht vertreten, das Testament vom 19.08.2010 sei wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin unwirksam.
Der Beteiligte zu 1) ist dem Antrag entgegen getreten. Er hat vorgetragen, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments vom 19.08.2010 testierfähig gewesen, so dass sich die Erbfolge nach diesem Testament richte.
Mit Beschluss vom 21.01.2013 (Bl. 125 f. d.A.) hat der Richter beim Nachlassgericht die zur Erteilung des von den Beteiligten zu 2) bis 4) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und dessen Erteilung bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt. Er hat zu den Gründen ausgeführt, in einem die Erblasserin betreffenden Betreuungsverfahren sei aufgrund richterlicher Anhörung und eines Sachverständigengutachtens festgestellt worden, dass die Erblasserin bereits im August 2010 an einer senilen Demenz erkrankt gewesen sei.
Für den Beteiligten zu 1) hat dessen damaliger Verfahrensbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 22.02.2013 (Bl. 129 d.A.) eingegangen beim Nachlassgericht am selben Tage gegen den ihm am 29.01.2013 zugestellten (vgl. Bl. 127 d.A.) vorgenannten Beschluss Beschwerde eingelegt.
Die Beteiligten zu 2) bis 4) sind der Beschwerde entgegen getreten und haben den erstinstanzlichen Beschluss verteidigt.
Das Nachlassgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Testierfähigkeit der Erblasserin durch Vernehmung zweier Zeugen der Beschwerde mit Beschluss vom 29.11.2013 (Bl. 202 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten mit Verfügung vom selben Tage dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 01.04.2014 (Bl. 242 d.A.) haben die Beteiligten zu 2) bis 4) mitgeteilt, dass sie gegen den hiesigen Beteiligten zu 1) bei dem LG Darmstadt unter dem dortigen Aktenzeichen 19 O 53/14 Klage auf Feststellung ihres Erbrechts nach der Erblasserin erhoben haben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 30.06.2014 (Bl. 246 ff. d.A.) das Beschwerdeverfahren aus wichtigem Grund gemäß § 21 Abs. 1 FamFG bis zur Beendigung des vorgreiflichen Zivilprozesses zur Feststellung des Erbrechts vor dem LG Darmstadt ausgesetzt.
Mit seit 27.02.2015 rechtkräftigem Versäumnisurteil vom 17.12.2014 (in Kopie Bl. 261 f. d.A.) hat das LG Darmstadt in dem Zivilprozess festgestellt, dass der hiesige Beteiligte zu 2) Erbe zu 1/2 und die hiesigen Beteiligten zu 3) und 4) Erben zu je 1/4 der Erblasserin geworden sind.
Der Senat hat dem Beteiligten zu 1) unter Fristsetzung Gelegenheit gegeben, sich zu der Vorlage des vorgenannten Urteils durch ...