Leitsatz (amtlich)
Höhe der Vergütung bei berufsmäßiger Nachlasspflegschaft
Normenkette
BGB §§ 1836, 1915, 1962; VBVG § 3
Tenor
Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 27.06.2017 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Dem Beteiligten zu 1) wird auf seinen Antrag vom 22.11.2016 und 27.01.2017 für seine Tätigkeit in der Zeit vom 22.12.2015 bis zum 22.11.2016 eine Vergütung in Höhe 1.570 Euro einschließlich 250,80 Euro gesetzliche Umsatzsteuer bewilligt. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) wird ermächtigt, die Vergütung dem Nachlass zu entnehmen.
Das Verfahren erster Instanz ist gebührenfrei. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten beider Instanzen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der am XX.XX.2015 verstorbene Erblasser war ledig und hatte keine Kinder. Er hinterließ keine letztwillige Verfügung. Die als eine der gesetzlichen Erben in Betracht kommende Schwester des Erblassers sowie deren Kinder schlugen die Erbschaft aus (Bl. 22, 25, 30 d.A.). Die Ermittlung weiterer gesetzlicher Erben dauert noch an.
Mit Beschluss vom 22.12.2015 (Bl. 9 d.A.) ordnete das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben an, bestellte Rechtsanwalt A, den Beteiligten zu 1), zum Nachlasspfleger und stellte fest, dass dieser sein Amt berufsmäßig ausübt.
Mit Beschluss vom 28.11.2016 (Bl. 70 d.A.) bestellte das Nachlassgericht die Beteiligte zu 2) zur Verfahrenspflegerin.
Mit Schriftsatz vom 22.11.2016 (Bl. 64 d.A.) hat der Beteiligte zu 1) beantragt, seine Vergütung für die Nachlasspflegschaft auf 2.484,72 Euro festzusetzen. Hierfür hat er sich auf die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) gestützt und ausgehend von einem Nachlasswert in Höhe von 17.607,32 Euro einen 2,3- bzw. 3-fachen Gebührensatz in Ansatz gebracht. Darüber hinaus sind ihm Aufwendungen für Porto, Fotokopien etc. in Höhe von 49,39 Euro entstanden.
Diesem Antrag ist die Verfahrenspflegerin entgegengetreten. Für die Abrechnung einer Gebühr nach RVG bedürfe es einer Grundlage und Begründung. Außerdem sei dem RVG eine 3-fache Gebühr nicht bekannt.
Mit Schriftsatz vom 27.01.2017 (Bl. 89 d.A.) hat der Beteiligte zu 1) seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses des Erblassers und der in diesem Rahmen von der Vermieterin geltend gemachten Forderung in Höhe von 5.215,27 Euro mit Gebühren nach dem RVG in Höhe von 631,89 Euro abgerechnet und nach § 1835 Abs. 3 BGB als Aufwendungsersatz geltend gemacht. Darüber hinaus hat er den Vergütungsantrag vom 22.11.2016 auf 2.070,60 Euro korrigiert.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.06.2017 (Bl. 94 d.A.) hat das Nachlassgericht den dem Nachlasspfleger aus dem Nachlass zu erstattenden Anspruch auf 2.070,60 Euro festgesetzt. Dabei ist das Nachlassgericht im Kern davon ausgegangen, dass sich die Vergütung des Beteiligten zu 1) nicht nach Stundensätzen, sondern nach den nutzbaren Fachkenntnissen des Nachlasspflegers als Rechtsanwalt sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäfte der Nachlasspflegschaft richte. Als Maßstab könne eine vergleichbare Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem Zivilprozess herangezogen werden. Da spezifische anwaltliche Tätigkeiten vorlägen, könne der Beteiligte zu 1) nach dem RVG abrechnen. Für die Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Nachlassgerichts verwiesen.
Gegen diesen ihr am 29.06.2017 (Bl. 100 d.A.) zugestellten Beschluss hat die Verfahrenspflegerin mit einem am 03.07.2017 (Bl. 99 d.A.) bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und ihre erstinstanzlich vorgetragenen Bedenken weiter ausgeführt.
Auf Anfrage des Nachlassgerichts vom 10.08.2017 (Bl. 110 d.A) hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 17.08.2017 (Bl. 114 d.A.) für die erbrachten Tätigkeiten einen Zeitaufwand in Höhe von 16,5 Stunden aufgeführt.
Mit Beschluss vom 31.08.2017 (B. 118 d.A.) hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat hat am 28.09.2017 einen Hinweis erteilt. Der Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, dass sich Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte nicht nach Stunden bestimmen lassen und hält daher eine Abrechnung nach dem RVG nach wie vor für angemessen.
Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten schriftlichen Ausführungen der Beteiligten verwiesen.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nachlassgericht eingegangen (§ 63 FamFG).
Zudem ist der Beschwerdewert von 600 Euro überschritten (§ 61 Abs. 1 FamFG). Denn die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Abrechnung der Nachlasspflegschaft nach dem RVG und begehrt stattdessen eine Vergütungsfestsetzung nach Stundensätzen oder einem prozentual...