Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung einer Einigungsgebühr für ein gerichtliches Verfahren ist wegen des Gebots der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung auch protokolliert worden ist (vgl. BGH NJW 2006, 1523 ff.). Dieses Erfordernis gilt gleichermaßen für Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit der Maßgabe, dass es (statt eines vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung bedarf.
Normenkette
RVG § 56; RVG-VV Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
AG Offenbach (Beschluss vom 14.09.2006; Aktenzeichen 314 F 1145/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Der Rechtspfleger des AG hat bei der Festsetzung der Vergütung für die im Rahmen von Prozesskostenhilfe beigeordnete Beschwerdeführerin die Einigungsgebühr von 189 EUR zzgl. anteiliger Mehrwertsteuer für das Hauptsacheverfahren - zusammen mithin 219,24 EUR - abgesetzt, weil diese mangels Protokollierung einer Vereinbarung zur Hauptsache des Sorgerechtsverfahrens nicht entstanden sei. Die Parteien haben vielmehr ihre wechselseitig gestellten Sorgerechtsanträge zurückgenommen, nachdem zuvor eine Vereinbarung über ein Umgangsrecht des Antragstellers mit dem gemeinsamen Kind der Parteien protokol-liert worden war. Hinsichtlich dieser protokollierten Vereinbarung über das Umgangsrecht ist eine Einigungsgebühr im Rahmen des gesondert abgerechneten EA-Verfahrens antragsgemäß gewährt worden.
Die gegen die Absetzung der Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren gerichtete Beschwerde ist zulässig (§ 56 RVG), hat jedoch in der Sache auch unter Berücksichtigung der Erinnerungs-/Beschwerdebegründung keinen Erfolg.
Zu Recht ist das AG in Übereinstimmung mit dem Bezirksrevisor und unter Bezugnahme auf eine zu §§ 103, 104 ZPO, Nrn. 1000, 1003 VV RVG ergangene Entscheidung des BGH (BGH, VIII ZB 29/05, BGHReport 2006, 940 = MDR 2006, 1375 = Beschluss vom 28.3.2006, NJW 2006, 1523 ff. = RPfl. 2006, 436 f.) zu der Auffassung gelangt, dass die Festsetzung ei-ner Einigungsgebühr wegen des Gebots der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich ist, wenn eine entsprechende Vereinbarung auch protokolliert worden ist. Dieses Erfordernis gilt gleichermaßen für Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit der Maßgabe, dass es (statt eines vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung - wie sie hier für das Umgangsrecht ja auch vorliegt - bedarf.
Die von der Beschwerdeführerin für ihre Gegenmeinung zitierte Entscheidung des OLG Koblenz (MDR 2006, 237; ebenso OLG Nürnberg, Jur. Büro 2005, 190, 192) ist vor der o.g. Entscheidung des BGH ergangen und setzt sich daher mit der besonderen Problematik nicht näher aus-einander, dass es ungeachtet des tatsächlichen Vorliegens einer Einigung für die Festsetzbarkeit der Gebühr auch weiterhin einer klaren, praktikablen Grundlage bedarf, die ohne förmliche Protokollierung nicht gewährleistet ist (BGH a.a.O.). Die für den Zivilprozess hierfür entwickelte Argumentation des BGH, dass gerade im Falle von wechselseitigen Prozesserklärungen gegenüber dem Gericht ohne förm-liche Protokollierung eines Vergleichs nicht sicher sei, ob solchen Erklärungen eine Einigung zugrunde liegt, gilt in Verfahren der vorliegenden Art ebenso, zumal auch hier durchaus ein Interesse einer Partei bestehen kann, bewusst eine kos-ten-sparende Prozessbeendigung unter Verzicht auf einen protokollierten Ver-gleich bzw. eine Vereinbarung zu wählen (vgl. auch dazu BGH a.a.O.). Dafür spricht vorliegend gerade, dass über das Umgangsrecht ausdrücklich eine Verein-barung protokolliert worden ist, während zur Sorgerechtsfrage danach nur noch die Anträge zurückgenommen worden sind, was andernfalls auch in die Vereinbarung hätte mit aufgenommen werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 RVG.
Fundstellen
NJOZ 2007, 3459 |
OLGR-West 2007, 880 |
www.judicialis.de 2007 |