Entscheidungsstichwort (Thema)
Haustürschließregelung kraft Mehrheitsbeschlusses in Mehrhausanlage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wohnungseigentümer haben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ebenso wie bei der Regelung seines Gebrauchs ein aus ihrer Verwaltungsautonomie entspringendes Ermessen, was die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Regelung angeht; dieses Ermessen ist einer gerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogen.
2. Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer durch Mehrheitsbeschluss getroffenen eine Haustür betreffende Schließregelung.
Normenkette
WEG §§ 15, 45
Verfahrensgang
LG Kassel (Aktenzeichen 3 T 228/07) |
Gründe
Auf dem Anwesen der sich aus dem Rubrum ergebenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach der maßgebenden Teilungserklärung vom 8.7.1981 (Bl. 195 ff. d.A.) ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet worden. Nach § 1 (2) der Teilungserklärung dienen zu Wohnzwecken nur die im zweiten Obergeschoss, nicht aber die im Erd- sowie im ersten Obergeschoss gelegenen Räumlichkeiten. Im Haus A-Straße 10 sind in den letztgenannten Stockwerken vier Einheiten mit Arzt- bzw. sonstigen Praxisräumen untergebracht. Die Praxisräume sind über eine zentrale Eingangstür zu erreichen, durch die auch der Antragsteller zu der ihm zu Sondereigentum zugewiesenen und im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung gelangt. Diese Eingangstür ist mit einer elektrischen Schließanlage versehen, mittels der die Tür durch Knopfdruck von den einzelnen Wohn- bzw. sonstigen Einheiten aus geöffnet werden kann, wenn Personen die Haustürklingel betätigen und über die Sprechanlage um Einlass bitten. Im Laufe der Zeit haben es sich die Sondereigentümer der gewerblich bzw. anderweitig als zu Wohnzwecken genutzten Räume angewöhnt, den Schließmechanismus der Eingangstür zumindest tagsüber außer Betrieb zu setzen, um so ihren Patienten bzw. Kunden den ungehinderten Zutritt zu ermöglichen. Der Antragsteller hat behauptet, dies habe dazu geführt, dass unberechtigte Personen in den Eingangsbereich und das Treppenhaus gelangt seien, wodurch es immer wieder zu nicht unerheblichen Verschmutzungen gekommen sei.
Daran störte sich zumindest der Antragsteller und erwirkte in dem vor dem AG Kassel unter dem Aktenzeichen 800 II 123/05 WEG geführten Verfahren einen inzwischen rechtskräftigen Beschluss vom 22.2.2006, berichtigt unter dem 1.6.2006 und dem 22.6.2006. Nach dem berichtigten Tenor dieser Entscheidung wurden die "Wohnungs- und Teileigentümer des Hauses A-Straße 10, O1" verpflichtet, "es zu unterlassen, den Schließmechanismus der gemeinsamen Haustüranlage tagsüber außer Betrieb zu setzen." Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Schließanlage solle nach ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch verhindern, dass außenstehende Dritte unangemeldet in das Haus gelangen können. Auf einen dahingehenden bestimmungsgemäßen Gebrauch der Anlage habe jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch, da nicht ersichtlich sei, dass die Wohnungseigentümer eine davon abweichende Regelung getroffen hätten. Werde außenstehenden Dritten, wie es seinerzeit der Fall gewesen sei, die Möglichkeit eröffnet, unangemeldet und ungehindert in das Haus zu gelangen, werde sowohl das Sicherheitsbedürfnis des Antragstellers als auch das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigt. Dies stelle einen vermeidbaren Nachteil für die Wohnungseigentümer dar.
Daraufhin lud der weitere Beteiligte mit Schreiben vom 6.11.2006 unter Beifügung einer Tagesordnung für den 15.11.2006 zu einer Eigentümerversammlung ein. In dem hierüber gefertigten Protokoll, auf das Bezug genommen wird (Bl. 19 ff. d.A.), heißt es unter TOP 3:
"Nach einer ausführlichen, offenen Aussprache ergeht unter Herbeiführung der vom AG Kassel als notwendig erachteten Gebrauchsregelung mit 9 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen folgender Beschluss:
Die Hauseingangstür zu dem Objekt A-Straße 2 - 14, O1, Eingangstür Haus Nr. 10, bleibt zu den üblichen Geschäftszeiten (Montag - Freitag von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr) frei zum Öffnen, in dem der am Schloss befindliche Hebel so eingestellt wird, dass sich die Tür durch bloßen Druck gegen das Türblatt öffnen lässt."
Der Antragsteller hat vor dem AG beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären. Die Antragsgegner sind dem mit der Begründung entgegengetreten, mit dem formgerecht gefassten Beschluss sei eine Gebrauchsregelung getroffen worden, die ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Sie haben darüber hinaus Gegenanträge gestellt, wegen deren genauen Wortlauts auf S. 3 des Beschlusses des AG vom 14.3.2007 (Bl. 144 d.A.) Bezug genommen wird. Durch jenen Beschluss (Bl. 141 ff. d.A.) hat das AG den Beschlussanfechtungsantrag zurückgewiesen und festgestellt, dass der Beschluss zu TOP 3 der Eigentümerversammlung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Den weitergehenden Gegenantrag hat es zurückgewiesen.
Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sein ursprüngliches Begehren weiter verfolgt hat. Die Antragsgegner sind dem Rechtsmittel entgegengetreten...