Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert des Eilantrags wegen Nachahmung einer teuren Uhr
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag der Herstellerin einer hochpreisigen Uhr auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ein Konkurenzunternehmen mit eigenem Onlineshop wegen einer Nachahmung ist mit 500.000 EUR nicht zu hoch bewertet.
Normenkette
GKG § 51; UWG § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.03.2023; Aktenzeichen 3-06 O 9/23) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Festsetzung des Streitwerts mit Beschluss - einstweiliger Verfügung - der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16.03.2023 (3-06 O 9/23) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die ihren Sitz in Land1 hat, ist Teil der A-Gruppe. Sie stellt (u.a.) sog. Pilotenuhren unter der Marke "IWC" her, darunter die Modelle "IWC Doppelchronograph Pilot IW3711" und die "Edition Le Petit Prince" (IW377714). Die Chronographen, die hierzulande zwischen 6.800 Euro und 13.700 Euro kosten, werden in Nordeuropa ausschließlich über Tochtergesellschaften der Antragstellerin vertrieben.
Die Antragsgegnerin stellt (jedenfalls nach eigener Angabe) ebenfalls Uhren unter der Marke "Festina" her und bietet diese über Vertriebsgesellschaften, unstreitig aber (auch) unmittelbar über ihre Webseite (...) in Deutschland zum Kauf an.
Die Antragstellerin ließ die Antragsgegnerin Anfang März 2023 erfolglos wegen des Angebots der Armbanduhr "FESTINA HERREN UHR F20150/2" in verschiedenen Farben für 1.200 Euro in deren Onlineshop aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz abmahnen, ohne einen Gegenstandswert anzugeben.
Ihrem Eilantrag vom 13.03.2022, mit dem die Antragstellerin hauptweise begehrt hat, der Antragsgegnerin zu untersagen, das konkret wiedergegebene Uhrenmodell unabhängig von seiner farblichen Gestaltung in Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben, hat sie einen Streitwert von 500.000 Euro zugrunde gelegt (vgl. GA 3 ff.).
Das Landgericht hat dem Hauptantrag mit Beschluss - einstweiliger Verfügung - vom 16.03.2023 stattgegeben und den Streitwert auf 500.000 Euro festgesetzt (GA 182 ff.).
Die Antragsgegnerin hat zunächst Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt (GA 206 ff.), diesen aber schließlich mit der Ankündigung eines erneuten Widerspruchs mit neuen Glaubhaftmachungsmitteln zurückgenommen (GA 1075 ff.).
Mit ihrer Streitwertbeschwerde vom 23.08.2023 beantragt sie, den Streitwert auf höchstens 50.000 Euro herabzusetzen (vgl. GA 475 ff.).
Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.10.2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt (GA 500 ff.). Es hat angenommen, die Streitwertangabe in der Antragsschrift habe indizielle Bedeutung. Eine Streitwertminderung gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG auf 50.000 Euro komme nicht in Betracht. Die wenig konkrete Behauptung der Antragsgegnerin, die Sache habe für sie geringe Bedeutung, sie habe in Deutschland nur wenige Uhrenexemplare im niedrigen zweistelligen Bereich verkauft, widerspreche ihrem Vortrag, 5 Millionen Uhren der Marke Festina weltweit zu verkaufen, davon 100.000 in Deutschland, auch hätten ihre Werbeaufwendungen im Jahr 2022 über 745.000 Euro betragen sollen. Ein entsprechender Verkauf würde auch nicht die Annahme einer geringen Bedeutung rechtfertigen. Es handele sich um Uhren des Luxussegments, auch sei der Unterlassungsantrag der Antragstellerin zukunftsorientiert. Der Streitwert sei auch nicht nach § 51 Abs. 4 GKG herabzusetzen, da die Antragstellerin für das Eilverfahren einen Streitwert von 500.000 Euro angegeben habe.
II. Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Streitwert zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen auf 500.000 Euro festgesetzt.
1. Nach § 51 Abs. 2 GKG ist, soweit nichts Anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Festsetzung des Streitwerts kann nicht anhand von Regelstreitwerten erfolgen, weil dies mit den Vorschriften des § 3 ZPO und des § 51 Abs. 2 GKG nicht vereinbar ist, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 08.11.2022 - I ZR 62/22, juris Rn. 6 mwN). Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 15.09.2016 - I ZR 24/16, GRUR 2017, 212 Rn. 8 mwN ...