Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld gegen GmbH bei Nichterscheinen des Geschäftsführers

 

Normenkette

ZPO § 141 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 24.08.2004; Aktenzeichen 1 O 709/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Beklagten wird der Ordnungsgeldbeschluss der 1. Zivilkammer des LG Hanau vom 24.8.2004 aufgehoben.

 

Gründe

Mit Verfügung vom 5.7.2004 hat der Einzelrichter des LG einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28.8.2004 anberaumt und das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten angeordnet. Dem Beklagten wurde die Ladung durch den Postzusteller am 12.7.2004 persönlich übergeben (Bl. 34 d.A.).

Im Termin vom 24.8.2004 erschien der Geschäftsführer der Beklagten nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte, er befinde sich auf Geschäftsreisen und könne deswegen nicht erscheinen. Das LG verkündete danach einen Beschluss, mit dem gegen den Geschäftsführer der Beklagten ein Ordnungsgeld i.H.v. 500 EUR verhängt wurde (Bl. 6 d.A.). Dieser Beschluss wurde am 2.9.2004 vom Zusteller in den zu dem Geschäftsraum der Beklagten gehörenden Briefkasten eingelegt (Bl. 78 d.A.). Mit Schriftsatz vom 9.9.2004 meldete sich für den Geschäftsführer der Beklagten sein Verfahrensbevollmächtigter und beantragte, den Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben (Bl. 5 des Ordnungsgeldheftes). Er machte geltend, der Geschäftsführer der Beklagten sei aus dringenden betrieblichen Gründen am 24.8.2004 unabkömmlich gewesen. Mit am 23.11.2004 verkündeten Beschluss lehnte es das Gericht ab, den Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben (Bl. 95 d.A.). Das Sitzungsprotokoll wurde der Beklagten am 2.2.2005 zugestellt (Bl. 111 d.A.). Mit Schriftsatz vom 11.3.2005 legte der Geschäftsführer der Beklagten gegen diesen Beschluss Beschwerde ein.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat bereits am 10.9.2004 gegen den am 24.8.2004 verkündeten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat sich mit seinem am 10.9.2004 eingegangenen Schriftsatz gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 24.8.2004 gewandt und ausdrücklich beantragt, diesen aufzuheben. Auch ohne dass er dabei die Formulierung verwendet hat, dass er "Beschwerde" einlegen wolle, hat er mit seinem Schriftsatz hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass der erlassene Beschluss letztlich auch durch eine höhere Instanz überprüft werden soll. Eine Auslegung seines Antrags dahin, dass er lediglich die Aufhebung des Beschlusses gem. § 381 Abs. 1 S. 3 erstrebt, würde dem Grundsatz widersprechen, dass Prozesserklärungen so auszulegen sind, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH v. 8.10.1991 - XI ZB 6/91, MDR 1992, 182 = NJW 1992, 243). Nachdem Ordnungsgeldbeschlüsse nach § 380 Abs. 3 ZPO nur noch mit der befristeten sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, können Aufhebungsantrag und Beschwerde nicht mehr hintereinander geschaltet werden (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 381 Rz. 5). Zudem wird die Ansicht vertreten, dass die Versagung der Aufhebung nicht anfechtbar ist (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 381 Rz. 5; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 381 Rz. 12). Unter diesen Umständen lässt sich das im Schriftsatz vom 9.9.2004 zum Ausdruck gekommene Begehren des Geschäftsführers der Beklagten nur dahin verstehen, dass er die Entscheidung des LG durch eine höhere Instanz überprüft wissen will, wenn es seine bereits im Termin selbst vorgebrachten und in seinem Schriftsatz ergänzten Entschuldigungsgründe weiterhin für unzureichend ansieht.

Die am 10.9.2004 eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie erfolgte rechtzeitig. Die Notfrist des § 569 Abs. 1 hatte noch nicht begonnen. Dem Geschäftsführer der Beklagten war der Ordnungsgeldbeschluss noch nicht wirksam zugestellt worden. Der Geschäftsführer einer GmbH ist selbst nicht Gewerbetreibender. Eine Ersatzzustellung gem. § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten der GmbH konnte an ihn nicht erfolgen (BayObLG v. 4.11.1999 - 2Z BR 122/99, MDR 2000, 105 = BayObLGReport 2000, 33; OLG Hamburg v. 10.10.2002 - 1 W 40/02, OLGReport Hamburg 2003, 50).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der Senat folgt der Ansicht des KG in KGReport Berlin 1996, 63 und des LAG Hamm in MDR 1999, 825, dass ein Ordnungsgeld dann, wenn der Geschäftsführer einer GmbH als deren gesetzlicher Vertreter in einem Termin nicht erscheint, nur gegen die Partei selbst, mithin die GmbH, nicht aber gegen deren Geschäftsführer persönlich festgesetzt werden kann (ebenso Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 141 Rz. 30; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 141 Rz. 12; a.A. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rz. 50; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 141 Rz. 14; OLG Nürnberg v. 28.3.2001 - 1 W 887/01, MDR 2001, 954 = OLGReport Nürnberg 2001, 290).

Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 141 Abs, 3 ZPO, wonach gegen die "Partei" ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Der gesetzliche Vertreter tritt durch seine Funktio...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?